So kann man sich täuschen, zwischen Gefühl und Zahlen, denn mancher Aussteller beispielsweise in Halle 11.1 (Lüftung und Co.) fand an allen Tagen genügend Zeit, sich mit seinen Standnachbarn zu unterhalten. Andere wiederum sagen genauso: So dynamisch, wie die Messe gestartet ist, ist sie auch geendet... Im Ergebnis: Man war zufrieden, daran gibt es wenig zu rütteln.
Eine gute Messe also, auch wenn das bekannt-sensationsheischende innere Leitmotiv von „Menschen-Tiere-Sensationen“ in diesem Jahr nicht verfing:
Viele Menschen, das stimmt. Erstaunlich viele davon im Übrigen aus dem internationalen und hier wiederum dem nordeuropäischen sowie dem asiatischen Raum – hatte man das Gefühl. Das aber ja, siehe oben, täuschen kann.
Tiere? Sowieso nicht, schließlich reden wir hier von einer ISH, also von der Fachmesse für Heizung-Klima-Sanitär; und nicht von der „Equitana“ oder der „Jagd und Hund“. Die zudem sinnigerweise nicht in der Finanzmetropole am Main stattfinden, sondern beide im Ruhrgebiet. Aber das ist wieder ein ganz anderes Thema.
Daher direkt zurück zum eigenen und damit zu Punkt 3, den Sensationen. Die gab es rund um Heizen, Lüften, Kühlen, um Trinkwasser und Gebäudeautomation in diesem Jahr eher wenig, um nicht zu sagen: fast gar nicht. Es gab, so der Eindruck des geneigten Wanderers zwischen den Installations- und Technikwelten, eine Menge Detailverbesserungen, Innovationen im Kleinen und Systemabrundungen. An und für sich betrachtet waren die zwar nicht so spektakulär, erfüllen aber gleich zwei Ziele auf einmal: Sie sorgen für längere Produktlebenszyklen (und damit bessere Erträge bei den Herstellern), und sie erleichtern dem Fachhandwerk das Tagesgeschäft, weil es immer wieder Verbesserungen im Detail gab, um beispielsweise die Montage von Wärmeerzeugern oder –verteilern, von Rohrleitungs- und Vorwandsystemen noch einfacher oder sicherer zu machen. Insofern konnten sich alle freuen, dies und jenseits der Counter und Ausstellungsinseln auf den Messeständen.
Komfort traf auf Technologie
„Comfort meets Technology” lautete in diesem Jahr das Leitmotiv der ISH – und wenn es einen signifikanten Trend gab, dann tatsächlich eben diesen. Kaum noch ein Wärmeerzeuger, ein Klimasystem oder eine integrierte Wellness-Oase, die ohne Schnittstelle zum weltweiten Web, zumindest aber zum häuslichen Router, auskommt. Und wozu es nicht auch eine App für das Smartphone gibt, um das Ganze aus Fern und Nah mobil und per Fingertipp zu steuern.
Wer es extrem treiben mag, kann das sogar bis zur letzten Heizkreispumpe, dem Spülventil in der Trinkwasserinstallation, der Nachspeisestation oder dem Setter am Verteilerbalken ausdehnen – und fürderhin nur noch mit einem Tablet in der Hand beim Kunden auftauchen, weil ja irgendwie und irgendwo die ganzen Apps auch noch Platz finden müssen, wenn der Handy-Bildschirm dafür zu klein geworden ist.
Aber ernsthaft: Die grassierende Connectivität in der Haustechnik macht insofern Sinn, als sie die Arbeit des Fachhandwerks auf der Baustelle spürbar vereinfacht. Inbetriebnahme und Parametrierung, letztlich auch die dauerhafte Funktionskontrolle und die Möglichkeit, bei eventuellen Abweichungen zur Effizienz- oder Komfortverbesserung jederzeit eingreifen zu können, sind konkreter Kundennutzen. Kaum ein Hersteller kann es sich daher mehr leisten, auf diesen Mehrwert zu verzichten.
Am Rande: Und durch diesen Mehrwert gleichzeitig dafür zu sorgen, dass seine Produkte nicht ganz so leicht kopiert werden. Denn für den Zoll gab es auch in diesem Jahr wieder Arbeit genug, beispielsweise auf dem Armaturensektor oder bei den besagten Pumpen. Da stimmte nämlich nicht nur die Form, sondern ebenso die Farbe – bei dem, was die rührigen Hersteller aus dem Reiche der Mitte als Leistungsausweis auf der internationalen Leistungsschau präsentierten, und doch nicht mehr waren als nur der Abklatsch tatsächlicher Marken-Hersteller. Dass selbige sich darob wiederum erbost zeigten und die Staatsmacht in Bewegung setzten, wer mag es ihnen verdenken? Die höchste Kunst der Anerkennung sei die Kopie, heißt es kulturell anders eingekreist und zugespitzt dazu. Aber Frankfurt liegt nun mal in Hessen.
Über den (Teller)Rand geschaut
Aber nicht nur „ex oriente“ wird höchst aufmerksam auf die aktuellsten Entwicklungen hierzulande geschaut. Auch unter den in Westeuropa beheimateten Herstellern scheint im Vorfeld der ISH der Blick über den (Teller- oder besser: Spül)Rand – und daraus resultierend die Lust an Umsatzanteilen aus angrenzenden Marktsegmenten – deutlich an Reiz gewonnen zu haben. Wie anders wäre er sonst zu erklären, der Trend zur „Arrondierung“ des eigenen Produktportfolios aus benachbarten Marktsegmenten?
Beispiele dafür gab es beim Messe-Rundgang eigentlich in jeder Halle zu sehen. Vom Installationstechnikanbieter (jetzt auch mit Dusch-WC) über den „Über-einen-Partner-Nuten-für-die-Fußbodenheizung-in-den-Estrich-fräsenden“-Rohrhersteller bis hin zum „Heizer“, der neuerdings genauso selbstbewusst klimatisieren und lüften will. „Alle möchten alles können!“ schallt es dazu als Zusammenfassung vom Kollegen aus dem Off – was offen lässt, ob dem draußen, in der Praxis, der notwendige Wahrheitsbeweis tatsächlich zu folgen vermag, wenn irgendwann der kommunizierte Anspruch in eine wahlweise erwärmte oder klimatisierte Praxis umgesetzt werden muss.
So oder so aber hat diese Entwicklung auf der ISH eine neue Qualitätsstufe erreicht, die Planern und Handwerkern letztlich eine Gewissensentscheidung aufzwingt: Entweder, er bindet sich mit seiner Auslegung bzw. Produktauswahl an nur noch einen Hersteller – und bekommt damit ein in sich zwar (hoffentlich) weitgehend abgestimmtes Gesamtpaket. Oder er „bastelt“ sich die aus seiner und des Kunden Sicht sinnvollste, weil individuell wirtschaftlichste und von den Ansprüchen bzw. Erwartungen passendste Lösung zusammen – und hat damit den ganzen zusätzlichen Aufwand am Bein, diese in aller Regel einmalige Konfiguration beispielsweise auch noch effizienzbestimmend labeln zu müssen.
Und der Wettbewerb lebt
Die Qual der Wahl wird es zukünftig genauso verstärkt noch auf einer anderen Ebene geben, und zwar beim Vertriebsweg. Das Thema ist ein Klassiker, auf eigentlich jeder Messe schon seit Jahren präsent; im Herbst auf der GET Nord sogar mehr als das, erinnert man sich an den selbstbewussten Auftritt einiger Handels-Nordlichter mit ihren nicht zu übersehenden, hoch professionellen Messeständen.
In Frankfurt aber gab es – auch hier – eine neue Qualitätsstufe, aber in die andere, die zweistufige Richtung. Nicht wegen der Hersteller aus Polen, dem leider kaum wirklich in Erscheinung getretenen Partnerland der diesjährigen ISH. Dass die zweistufig verkaufen möchten (und verkaufen können), es ist allein schon der mangelnden Einbindung in die binnenländischen Strukturen des dreistufigen Vertriebswegs geschuldet.
Es geht vielmehr um jene Hersteller, die gewissermaßen als Kinder von Google, Apple, Amazon und Co. eine völlig neue Generation an Herstellern (und Vertrieblern) personifizieren. Da wird halb-virtuell vernetzt entwickelt, irgendwo rund um den Globus komponentenfabriziert, wieder woanders assembliert und verpackt, um dann genau so direkt internetgetrieben direkt verkauft und dank ausgefeilter globaler Logistik auch noch overnight ausgeliefert zu werden: Nur wenige Protagonisten sind fest involviert, alle Prozesse sind extrem flexibel und ständig in Bewegung, trotzdem reden wir über qualitativ hochwertige, anspruchsvolle Produkte, die keinen Qualitäts- oder Aftersale-Vergleich mit etablierten Marken zu scheuen brauchen.
Da entwickelt sich eine ganz neue Form von Wettbewerb, die zwar auf der einen Seite ihre Nachhaltigkeit noch genauso wird beweisen müssen wie viele andere (gescheiterte) zuvor. Die zugleich aber, und das ist die Herausforderung, heute Macher an der Spitze hat, die ihr Handwerk erwiesenermaßen verstehen – und die Marktmechanismen der SHK-Branche durch und durch kennen. Sie als „Exoten“ abzutun – das wäre zu einfach und deutlich zu kurz gesprungen. Stattdessen werden „die Etablierten“ gefordert sein, zeitnah Gegenstrategien zu entwickeln – und sie werden es tun, das zeichnet sich bereits jetzt ab…
Insofern: Die ISH 2015 hat interessante, spannende, innovative Impulse gegeben, die unsere Branche auch in diesem Jahr wieder richtig lebendig und auf Trab halten werden. Und das ist gut so. Denn eines wurde auch auf dieser Messe wieder deutlich: Die Stimmung ist richtig gut, und im Verbund aus Herstellern, Fachplanern, Fachhandwerk und allen sonstigen Betroffenen bringt man sie gerne weiter voran, die qualitativ wertige Haustechnik, die einen leider immer noch zu oft unterschätzten Wirtschaftsfaktor in diesem unserem Lande darstellt…