Für die meisten war es im vergangenen Jahr eines der schlagzeilenträchtigsten Ereignisse in der SHK-Branche: Geberit übernimmt die Sanitec-Gruppe. Mit der nötigen „Kriegskasse“ ausgestattet aber ist es das eine, solch einen Coup zu landen. Insofern war die Tatsache, dass es Geberit gelang, nicht wirklich überraschend. Etwas anderes ist es jedoch, nach dem Zusammenschluss die notwendigen Synergien zu heben, die in aller Regel und gebetsmühlenartig bei derartigen Fusionen bemüht werden.
Herr Rapp, kaum für das Amt des Geschäftsführers Geberit Deutschland designiert, wurden Sie mit der Aufgabe konfrontiert, den „Brocken“ Sanitec mit den bekannten Marken Keramag und Koralle integrieren zu müssen. Ein „Traumjob“, so ganz ohne Anlaufzeit und ohne die obligatorische 100 Tage-Frist, die man sonst jedem „Neuen“ auf einer Führungsposition einräumt?
Clemens Rapp: Die von Ihnen beschriebene besondere Situation war mir bereits bei meinem Job-Antritt bekannt. Dank eines erfahrenen und eingespielten Managementteams aus Geberit- und Keramag- Führungspersonen und -Persönlichkeiten konnte ich die Herausforderungen mit Respekt aber ohne Furcht sehen und angehen. Gleichzeitig stellen wir die notwendigen Ressourcen bereit, um auch in einer so außergewöhnlichen Situation genügend Freiräume für die richtigen strategischen Entscheidungen zu treffen. Es ist also eine spannende und verantwortungsvolle Aufgabe, der ich mich gerne stelle. Erste Erfolge sind schon sichtbar: Nach intensiven Vorbereitungen im vergangenen Jahr sind die Vertriebsmannschaften der Marken Geberit und Keramag nun in einer Organisation vereint. Unsere Mitarbeiter sind hochmotiviert und wir freuen uns, unseren Kunden einen echten Mehrwert bei Produkten und Kompetenzen zu bieten. Ich denke, wir sind auf einem guten Weg. Zusammenfassend: ein echter Traumjob.
Konkret: Wie verhindert man strategisch, dass eine starke Marke wie Geberit durch die Integration ebenso starker weiterer Marken in die Gruppe Schaden nimmt? Geberit stand einmal ganz klar für Technik, für Vorwandtechnik, für „den Geberit“, dann kam mit „Mapress“ ein Edelstahl-Rohrleitungssystem dazu, das durchaus noch zur Kernkompetenz zählt. Und nun Keramik und Badmöbel…
Clemens Rapp: Grundlegende Fragen wie diese haben wir schon frühzeitig beantwortet. Uns war bewusst, dass wir mit Geberit und Keramag zwei starke Marken im Portfolio haben, deren Werte und Kompetenzen sich in vielen Bereichen gleichen oder ähneln. Wichtig ist, dass das Know-how beider Marken erhalten bleibt. Deshalb war es uns ein Anliegen, die ehemaligen Keramag-Außendienstmitarbeiter in die neue Vertriebsorganisation zu integrieren. Was den Kompetenzzuwachs und seine Außenwirkung angeht, sehe ich kaum Probleme. Es gibt viele Berührungspunkte zwischen beiden Portfolien und die Keramag-Produkte ergänzen das Geberit-Angebot perfekt. Außerdem steht die Marke Geberit längst nicht mehr nur für Technik. Seit Jahren machen wir uns mit Produkten vor der Wand einen Namen bei Badeinrichtern und Endverbrauchern. Wie Keramag legen wir Wert auf Design, Qualität und Nutzerfreundlichkeit. Beispiele dafür sind die Geberit-AquaClean – Dusch-WCs, die Geberit-Betätigungsplatten oder auch die bodenebenen Duschlösungen. Mit der Sanitärkeramik von Keramag, den Möbeln und vielen anderen Produkten erweitern wir unser Portfolio und können unseren Kunden nun eine größere Auswahl und noch mehr Kompetenz bieten.
Anfang des Jahres haben Sie den gemeinsamen Markt- und Markenauftritt über den „BauTreff“ als breit aufgestellte Kampagne den Planern und Installateuren nahe gebracht. Wie waren da die Reaktionen, gewissermaßen „aus erster Hand“? Denn wer Geberit gerne als Technik ausschreibt oder einbaut, schwenkt ja nicht gleich mit wehenden Fahnen zur Keramag-Keramik über, nur weil Sie so ein dicht gespanntes, erfolgreiches Vertriebsnetz haben.
Clemens Rapp: Der „BauTreff“ ist eine Informationsveranstaltung, auf der wir Geberit- und Keramag-Kunden die Vorteile beider Marken unter einem Dach vorstellen. Auf 39 Veranstaltungen in ganz Deutschland erfahren Installateure, Planer, Architekten, Großhandel und Investoren, welchen konkreten Nutzen sie aus dem Zusammenschluss ziehen können. Noch vor Beginn der Kampagne war klar: Das Interesse ist enorm groß. Fast alle Veranstaltungen waren ausgebucht. Und das war nicht nur Neugierde. Viele Kunden erkennen für sich Vorteile aus dem Zusammenschluss, das haben die Gespräche auf den „BauTreffs“ ergeben. Diese liegen ja auch wirklich auf der Hand: mehr Know-how, ein umfangreicheres Produktportfolio, weniger Schnittstellen und das alles von nur einem Ansprechpartner.
Mit Geberit-„AquaClean“ sind Sie kommunikativ schon ganz eng an den Endkunden gerückt. Steht so etwas jetzt dank der Marke Keramag und dem erweiterten Portfolio genauso bei Bad-Keramik und Bad-Möbeln zu erwarten? Gewissermaßen eine Endkundenansprache mit dem Tenor „Das Bad aus einer Hand von Geberit“, irgendwann vielleicht sogar mit Armaturen und Co.?
Clemens Rapp: Mit der Endkundenansprache wie beispielsweise bei den Geberit-„AquaCean“-WCs wollen wir in erster Linie unsere Partner in Handel und Handwerk beim Vorverkauf unterstützen. Entsprechend werden wir auch Produkte der Marke Keramag zum Endkunden hin kommunizieren. Das „Alles aus einer Hand“-Argument dürfte den privaten Bauherrn allerdings weniger interessieren. Die Vorteile des Zusammenschlusses sehen wir ganz klar bei unseren Fachzielgruppen. Und richtigerweise positionieren wir uns hier nicht als Komplettbadanbieter.
Beim Anlauf der gemeinsamen Marktbearbeitung von Geberit und Mapress gab es seinerzeit erhebliche Reibungsverluste, beispielsweise bei der nahtlosen Betreuung der Altkunden in der Fläche durch Änderungen bei den Vertriebszuständigkeiten. Wie gehen Sie die Herausforderung diesmal an; mit Ihrem Außendienst und den Fachberatern, aber auch in Zusammenarbeit mit dem Fachgroßhandel?
Clemens Rapp: Im Januar diesen Jahres sind wir mit einer gemeinsamen Vertriebsgesellschaft gestartet, die sowohl die Marke Geberit als auch die Marke Keramag vertritt. Die Verkaufsberater von Geberit und Keramag wurden zuvor umfangreich auf die Produkte der jeweils anderen Marke geschult, damit sie beide möglichst gleich gut vertreten können. Das betrifft alle Zielgruppen: Großhändler, Installateure und Planer genauso wie Architekten und Investoren. So wollen wir sicherstellen, dass möglichst kein Know-how verloren geht. Im Gegenteil: Beide Produktportfolien werden durch das jeweils andere ergänzt und gestärkt. Da es nur noch einen Ansprechpartner gibt, bauen wir Schnittstellen ab und bieten zugleich mehr Planungs- und Umsetzungssicherheit im gesamten Bauablauf. Die Komplexität bei der Planung und dem Bau von Sanitäranlagen und Privatbädern wird deutlich reduziert. Und nicht zuletzt können unsere Außendienstmitarbeiter ihre Kunden mit dem erweiterten Portfolio viel bedarfsorientierter beraten.
Vielen Dank für das ebenso nette wie aufschlussreiche Gespräch.