Das Handwerk ist genau so kreativ und innovativ wie die Industrie. Auch wegen der hochqualifizierten Ausbildung seiner Beschäftigten. Die Folgen sind aber anders, als gedacht: das Handwerk schadet sich selber!
Abwanderung von Fachkräften wird ein Problem
Das Handwerk ist genau so kreativ und innovativ wie die Industrie. Auch wegen der hochqualifizierten Ausbildung seiner Beschäftigten. Die Folgen sind aber anders, als gedacht: das Handwerk schadet sich selber!
Problemlöser? Auf jeden Fall. Aber: Innovator, Multiplikator oder Technologiemittler? Mit diesen „Titeln“ schmückt sich das Handwerk bislang doch eher selten. Und doch spielt das Handwerk, konkret, sein gut ausgebildetes Personal, genau diese Rolle – volkswirtschaftlich gesehen. Das Handwerk selbst sieht das mit einem lachenden, aber auch einem weinenden Auge. Denn die gut ausgebildeten Gesellen und Meister wandern viel zu oft in andere Branchen ab.
Bei innovativen Tätigkeiten liegen Industrie und Handwerk kaum auseinander. Und das, obwohl der Anteil kontinuierlicher FuE-Tätigkeiten (FuE: Forschung und Entwicklung) in der Industrie doppelt so hoch ist… Zu diesem doch erstaunlichen Befund kommt eine Studie des Volkswirtschaftlichen Instituts für Mittelstand und Handwerk (ifh) an der Universität Göttingen. Entscheidend für die innovativen Fähigkeiten (und Tätigkeiten) des Handwerks sind die Beschäftigten des „beruflich-betrieblichen Bildungstyps“ – die qualifizierten Fachkräfte mit dualer Ausbildung oder Meisterabschluss, die das Handwerk in die Lage versetzen, im Innovationssystem die Rolle als Multiplikator und Technologiemittlers zu spielen. Das Fazit des ifh: „In Handwerksunternehmen entfällt ein nennenswerter Teil der Arbeit auf anspruchsvolle Experten- und Spezialistentätigkeiten. Diese werden jedoch in der Regel nicht von Akademikern, sondern von beruflich qualifizierten Könnern ausgeführt. Der beruflich-betriebliche Bildungstyp bildet damit die entscheidende Kompetenzbasis für die Innovationsfähigkeit des Handwerks.“
Dabei liege die kreativ-innovative Stärke dieser Unternehmen in der „Bereitstellung von verbesserten oder neu angepassten Produkten, Dienstleistungen und Prozessen.“ Diese entstünden durch anwendungsnahe Problemlösung und im engen Austausch mit den Kunden.
Im gesamtwirtschaftlichen Innovationssystem fungiere das Handwerk darüber hinaus als Multiplikator und Mittler zur Verbreitung neuen technologischen Wissens, so das ifh: „Häufig werden innovative Produkte und Verfahren zwar erstmals in der Industrie im Rahmen systematischer FuE-Aktivitäten hervorgebracht. Die positiven externen Effekte dieser Neuerungen entfalten sich jedoch oft erst dann, wenn das wenig FuE-intensive Handwerk die Einführung am Markt und die Verbreitung beim Endkunden gewährleistet.“ So bedingen und beeinflussen sich die innovativen Leistungen von Industrie und Handwerk gegenseitig.
Die Schattenseite des recht hohen Niveaus des beruflich-betrieblichen Bildungstyps: Seit jeher wandert ein großer Teil der vom Handwerk ausgebildeten Gesellen und Meister in andere gewerbliche Wirtschaftsbereiche ab – Schätzungen reichen bis zu 60 Prozent! In der Industrie verfügt rund jeder fünfte Beschäftigte über einen handwerklichen Bildungsabschluss. Das Fazit des ifh: „Dass in forschungsintensiven Industriebranchen das innovationsförderliche Zusammenspiel von Akademikern und beruflich Qualifizierten gelingt, liegt folglich nicht zuletzt auch an den Fachkräften aus dem Handwerk.“ So schön das für die gesamtwirtschaftliche Kreativität auch ist, so nachteilig ist dieser „Brain Drain“ für das Handwerk – gerade auch vor dem Hintergrund des derzeit heiß diskutierten Fachkräftemangels… Darüber berichtete das SanitärJournal hier.
Montag, 05.11.2018