Der Neubau an Wohnraum hinkt nicht nur rein quantitativ hinter der Nachfrage her. Zudem werden die Wohnungen auch am Bedarf vorbei gebaut. Das wird Mieten und Immobilienpreise weiter befeuern.
Zu wenige und dazu noch die falschen
Der Neubau an Wohnraum hinkt nicht nur rein quantitativ hinter der Nachfrage her. Zudem werden die Wohnungen auch am Bedarf vorbei gebaut. Das wird Mieten und Immobilienpreise weiter befeuern.
Das der Wohnungsbau in Deutschland dem wachsenden Bedarf hinterher hinkt, pfeifen die Spatzen schon länger von den (nicht gebauten) Dächern. Dass aber zudem großteils am Bedarf vorbei gebaut wird, ist eine neue, brisante Erkenntnis. Die brandaktuelle Studie „Zuwanderung in die Großstädte…“ des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) in Köln liefert hochinteressante Einsichten in den Wohnungsmarkt.
Im Zentrum der Untersuchung lag nicht nur der rein quantitative Bedarf an neuem Wohnraum. Darüber hinaus ist „die vorliegende Studie noch einen Schritt weitergegangen und hat anhand von Daten des SOEP (Sozio-ökonomisches Panel) geprüft, welche Wohnungen auf Basis der Bevölkerungsveränderung typischerweise genutzt werden. Hierdurch kann der Baubedarf nach der Zahl der Räume in einer Wohnung differenziert werden. Die Ergebnisse zeigen, dass der Wohnungsmangel am kleinsten bei großen Wohnungen ist, in der Regel bei Ein- und Zweifamilienhäusern. (…) Besonders groß aber ist der Mangel an Wohnungen mit zwei oder drei Räumen“, heißt es dazu in der Zusammenfassung.
Mit der kontinuierlichen (Binnen-)Zuwanderung seit 2010 vor allem in die Großstädte stieg auch die entsprechende Nachfrage nach Wohnraum. Es sind insbesondere junge Menschen, die es zum Arbeiten oder Studieren in die Stadt zieht. (siehe folgende Grafik) Dazu addieren sich noch die EU-Binnenwanderung und seit 2015 die Flüchtlinge aus Nordafrika und Nahost.
Die Bautätigkeit hinkt dieser Entwicklung deutlich hinterher: „Im Vergleich zum Baubedarf wurden im Bundesdurchschnitt von 2011 bis 2015 nur rund 53 Prozent der benötigten Wohnungen gebaut. In den Großstädten lag die Quote oft nur bei 30 Prozent, in Berlin sogar nur bei 25 Prozent“, stellt das IW fest. Bis 2020 müssten pro Jahr rund 385.000 Wohnungen entstehen, will man dem Bedarf gerecht werden. Das scheint schwer erreichbar zu sein. Infolgedessen werden zunehmend Menschen in das Umland der großen Städte abwandern, prognostiziert die Studie. Eine differenzierte Betrachtung des Wohnbedarfs bis 2020 liefert diese Grafik:
Wie sieht es mit den unterschiedlichen Wohnungsgrößen aus? Im Segment der Wohnungen mit fünf und mehr Räumen (in der Regel sind das Ein- und Zweifamilienhäuser) wird mit 97 Prozent nahezu bedarfsgerecht gebaut. Im ländlichen Raum besteht sogar ein deutliches Überangebot.
Ein massives Defizit von bundesweit rund 30 bis 35 Prozent weist hingegen der Neubau von Wohnungen mit zwei bis vier Räumen auf. Wer sich jedoch mit einer Ein-Zimmer-Wohnung begnügt, wird in Frankfurt sicher schnell fündig. Die Tabelle zeigt das prozentuale Verhältnis zwischen Neubau und Bedarf von 2011 bis 2015:
Der verfehlte Neubau der letzten Jahre – zu wenige und dazu noch die falschen Wohnungen – lässt Immobilienpreise und Mieten konsequenterweise steigen. Dazu kommt die preistreibende Investition in „Beton-Gold“: Immobilien lohnen als Renditeobjekte. Die folgenden Grafiken verdeutlichen diese „Immo-Inflation“:
Dienstag, 28.02.2017