Ein gesundes Leben wird von nahezu allen Menschen als hohes Gut eingestuft – wer möchte nicht gesund sein oder bleiben?
Ein gesundes Leben wird von nahezu allen Menschen als hohes Gut eingestuft – wer möchte nicht gesund sein oder bleiben?
Mit Blick auf die Hitze- und Dürreperioden sowie Starkregenereignisse in den letzten Monaten oder den Diskussionen über sauberer Luft in den Städten stellt sich aber die Frage: Was kann eine integrierte Stadtentwicklung zu gesunden Lebensbedingungen in der Stadt beitragen und nutzen wir unsere Möglichkeiten hierfür?
Städte stehen in einem Spannungsfeld aus internationalen Megatrends und lokalen Interessenskonflikten, welche nur schwer mit den Zielsetzungen der Leipzig Charta in Einklang zu bringen sind. Neue Planungen und Projekte ermöglichen einerseits die Fortentwicklung der Bestandsstrukturen, andererseits geht damit nicht immer eine Steigerung der Lebensqualität einher.
Vielfältige Interessenskonflikte beispielsweise zwischen Anwohnern und Investoren oder unterschiedliche Flächenansprüche der Nutzungsarten Verkehr, Wohnen oder Gewerbe müssen in Einklang gebracht werden. Die Herausforderung besteht somit darin, die Chancen der derzeitigen Entwicklung zu nutzen, ohne die Fehler der Vergangenheit zu wiederholen.
Gesundheit ist wie viele aktuelle Herausforderungen eine Querschnittsaufgabe, die nicht allein durch städtebauliche Maßnahmen gelöst werden kann. Die Akteure der Stadtentwicklung und -planung tragen dennoch maßgeblich zur Gestaltung des Umfeldes der Menschen bei und können somit einen erheblichen Beitrag für gesunde Lebensbedingungen leisten.
Und genau aus diesem Grund gingen jetzt einige Experten der Frage nach, was der Beitrag der Stadtentwicklung zu gesundheitsförderlichen Städten sein kann und wie Kooperationen mit den Akteuren aus dem Gesundheitsbereich aussehen können?
Eine dieser Experten ist Christa Böhme vom Deutschen Institut für Urbanistik gGmbH (Difu), die sich mit dem Zusammenwirken von Stadtentwicklung und Gesundheit beschäftigt. In ihrem Vortrag „Stadtentwicklung und Gesundheit: Gemeinsam für eine lebenswerte Stadt?!“ verdeutlichte sie den Einfluss der Stadtentwicklung auf die Gesundheit der Bewohnerschaft. Sie stellt sich der Frage, wie das Thema Gesundheit besser bei den unterschiedlichen Planungsprozessen berücksichtigt werden kann? Hierzu wurden die fachübergreifenden Abstimmungsprozesse näher beleuchtet und Wege für eine bessere Kooperation zwischen Gesundheitsamt und Stadtentwicklung sowie Stadtplanung aufgezeigt.
Mit im Boot saß auch Prof. Dr. Heike Köckler von der Hochschule für Gesundheit (HSG) in Bochum, die das Konzept für eine „Indikatorenbasierte gesundheitsfördernde Stadtplanung“ vorstellte. Häufig sind gesundheitsrelevante räumliche Faktoren unterschiedlich im Raum verteilt und begründen auch soziale Ungleichheit bei Gesundheit innerhalb einer Stadt. Um die Evidenz epidemiologischer Studien für die Stadtplanung nutzbar zu machen, gelte es, diejenigen räumlichen Faktoren, deren gesundheitliche Wirkung nachgewiesen ist, so darzustellen, dass sie für die räumliche Planung eine Entscheidungsgrundlage liefern. Das „Spatial Urban Health Equity Indicators (SUHEI)“-Modell biete hierfür einen Rahmen. Und Prof. Dr. Köckler zeigte auf, wie Stadtplanung und planerischer Umweltschutz einen Beitrag zu „Health in All Policies“ leisten können.
Dr. Katrin Linthorst, Leiterin des Fachbereichs Gesundheit in Herne, stellte das Projekt „First Mover“ vor: Eingebettet in die gesamtstädtische Präventionsstrategie erfolgt seit 2018 innerhalb des vom LZG NRW geförderten Projekts „Herne als ‚First Mover‘ für mehr Lebensqualität in Wanne-Süd“ eine sozialräumliche Umsetzung der ambitionierten kommunalen Vorhaben. Ziel sei es, Gesundheitsförderung und Prävention gemeinsam mit allen relevanten Akteuren im Quartier zu optimieren. Prävention solle so als kommunale Querschnittsaufgabe, interdisziplinär und fachbereichsübergreifend („Health in all Policies“) etabliert und bedarfsgerechte Intervention ermöglicht werden. Lebensqualität für alle und die gerechte Verteilung von Chancen stellten wesentliche Leitziele einer integrativen, sozial ausgewogenen Stadtentwicklungspolitik dar.
„Vom Schweinehund und Bewegungsrouten – Beteiligungsförderung in der aktiven Stadtgestaltung“ – so lautete der Arbeitstitel von Prof. Martin Knöll von der TU Darmstadt, unter dem er über Strategien und Werkzeuge zur Beteiligungsförderung innerhalb eines Stadtumbauprojektes im Darmstädter Osten berichtete. Im Rahmen des Erasmus+-Projektes „PREHealth“ liegt der Fokus auf gesundheitsfördernder Stadtgestaltung. Die Kooperation zwischen Universität, Stadtplanungsamt, lokalen Akteuren und Bürgern zielt in Ergänzung zum Integrierten Stadtentwicklungskonzept auf die Qualifizierung von Grünflächen, die Verbindung von Fuß- und Radwegen und die Anpassung eines Schulhofes an neue Anforderungen der Bewegungsförderung und zunehmender Hitzeperioden. Digitale und analoge Werkzeuge wie spielerische Smartphone-Apps, temporäre Interventionen im Stadtraum und die gemeinsame Konzeption von Bewegungsrouten helfen dabei, neue Nutzergruppen zu adressieren.
Im Jahr 2007 haben die 27 in Europa für Stadtentwicklung zuständigen Ministerinnen und Minister die „Leipzig-Charta“ zur nachhaltigen europäischen Stadt verabschiedet. Diese enthält zwei Kernaussagen:
Die Ansätze einer integrierten Stadtentwicklungspolitik sollen überall in Europa gestärkt werden.
Benachteiligte Stadtquartiere erfüllen wichtige Funktionen im gesamtstädtischen Zusammenhang.
Freitag, 17.04.2020