Der klassische dreistufige Vertriebsweg ist im Umbruch. Darüber noch
lang zu schreiben, hieße Eulen nach Athen tragen. Wo es hingeht in
diesem Umbruch? Das weiß keiner so genau. Aber Dornbracht zeigt mit
einem neuen Geschäftsmodell einen möglichen Erfolgsweg auf.
Grundlage ist eine Verschiebung von
variablen
Konditionen zu einer fixen und
umsatzunabhängigen Vermarktungsbeteiligung
für hochwertige Ausstellungen
und Online-Präsenzen. Zusätzlich initiiert
und finanziert Dornbracht unter Einbeziehung
der Fachhandelspartner eine
breit angelegte Kommunikationskampagne
mit dem Ziel der Bedarfsweckung
und -lenkung bei wertebewussten Kunden.
Die neue Empfehlungsplattform
„Besten Badstudios“ ist seit diesem Sommer
in der aktiven Vermarktung. Das zum
1.Januar 2016 eingeführte Geschäftsmodell
kam beim Großhandel nicht flächendeckend
gut an.
Was man irgendwo verstehen kann.
Umgekehrt gilt das aber auch aus Sicht
von Dornbracht, für die Zeit davor. Denn
nach dem Großbrand vor über sieben
Jahren auf dem Nachbargrundstück (der
die Dornbracht Galvanik in Schutt und
Asche legte), hatte der Premium-Armaturenhersteller
genug damit zu tun, sich
um Lieferfähigkeit und zufriedene Handwerker
bzw. Bauherrn zu kümmern, statt
primär um die Pflege eigentlich glatt laufender
Vertriebswege. Genau in der Zeit
hat sich die Welt des Fachgroßhandels
jedoch massiver und schneller gewandelt
denn je. Heute bestimmen Eigenmarken
die Ausstellung im Großhandel, „in der
Beratung schlägt der schnell gemachte
Umsatz mit der Hausmarke die Stärke
der aufwändiger zu verargumentierenden
Herstellermarken“ – sagt Dieter
Kraus, Regionalvertriebsleiter der Märkte
Deutschland und Österreich beim Iserlohner
Armaturenbauer. Und liefert damit
eine Begründung, warum sich Häuser
wie Heinze oder die GC Gruppe gegen
das neue Geschäftsmodell ausgesprochen
haben.
„Wo wollen wir hin?“
„Wir mussten uns einfach fragen, wer
wir sind und wo wir hinwollen“, beschreibt
Kraus den strategischen Ansatz.
Also: Wo kommt das Unternehmen her;
was kann es besonders gut, und was muss man tun, um damit auch in einigen
Jahren noch die angestrebte Positionierung
im oberen und obersten Marktsegment
für sich behaupten zu können? Eigentlich
ganz einfach. Wenn es da eben
nicht die widerstrebenden Tendenzen
gäbe, dass sich mit starken Marken und
ihren entsprechend exklusiven Produkten
in jeder Ausstellung glänzen lässt – auch
wenn der Umsatz im Regelfall eigentlich
über die preiswertere Durchschnittsware
mit höherer Umschlagsgeschwindigkeit
gemacht wird.
Die folgerichtige Dornbracht-Conclusio
daraus: den gesamten Entscheidungsprozess
bei der Bädersuche und
-kaufentscheidung inklusive der Ausstellungen
beim Fachhandel nach einem
gemeinsam mit dem Fraunhofer IML
entwickelten Konzept dezidiert zu analysieren.
Um dann anhand eines objektiven
Scorings festzulegen, wo man als
Marke Dornbracht künftig vertreten
sein möchte. Oder wie der jeweilige
Marktpartner durch Dornbracht-Unterstützung
seine Ausstellung und den
begleitenden Beratungs- und Verkaufsprozess
so entwickeln kann, dass sich
die Endkunden-Zielgruppe dort (wieder)
gut aufgehoben fühlt und sich die Dornbracht-
Armaturen gleichzeitig im vom
Hersteller gewünschten Qualitätsumfeld
wiederfinden.
„Brauchen Zielstrebigkeit zum Endkunden“
Dass die Reaktion auf so viel (vermeintlichen)
Eingriff in Ausstellungsführung
nicht überall auf Begeisterung stoßen
würde, war von Anfang an klar. „Auf
der anderen Seite“, sagt Dieter Kraus,
„muss es aber zwangsläufig eine gewisse
Zielstrebigkeit des Herstellers zum
Endkunden geben, wenn man nicht irgendwann
von den Zwischenstufen des
Marktes gemanagt werden will.“ Sinnigerweise
bestätigt ausgerechnet der
Fachgroßhandel heute diese Einschätzung
am deutlichsten selber, sagt dazu
im Übrigen auch ein bekannter Vertriebsprofi der Branche. Er verweist beispielsweise
auf die „Elements“-Ausstellungen
von GC, die wiederum vom
Handwerk als Bedrohung der eigenen
Verkaufsautonomie
angesehen werden.
Ex-ZVSHK-Präsident Stather warnte so
unter anderem vor einem „massiven Eingriff
in die Daten- und damit Kalkulationsfreiheit
des Handwerks“. Es geht also
einfach nur weiter, in der Nahrungskette …
Fakt ist, aus Sicht von Dornbracht,
dass es hierzulande etwa eine Million
auszustattende Bäder im Jahr gibt. Der
Markenhersteller stattet davon nur einen
vergleichsweise kleinen Teil aus. Pauschal
betrachtet. Differenziert man, finden sich
in der Spitze – jenseits des Investitionsvolumens
von etwa 40.000 Euro – fast immer
Dornbracht-Produkte und -Systeme.
Aber schon im unteren Mittelfeld (um die 25.000 Euro) müssen sich die Iserlohner
dem Wettbewerb preiswerterer Designlinien
stellen, die durchaus ebenfalls ihren
Reiz haben. „Spätestens dann ist der
Fachgroßhandel Gefangener seiner eigenen
Strategie, gute Leistung zu einem
möglichst niedrigen Preis anbieten zu
wollen“, sagt Dieter Kraus. Und meint
damit: Mit einer besseren Kommunikation
gegenüber dem Endkunden im Vorfeld,
der entsprechenden Warenpräsentation
in der Ausstellung und mit etwas
mehr Überzeugungskraft im abschließenden
Beratungsgespräch, ließe sich da deutlich mehr Stückertrag generieren,
wenn statt der Produkte anderer Hersteller
doch die von Dornbracht verkauft
würden. Also der „Beste Badstudios“-
Ansatz, der dem Endkunden als markantes
Leuchtfeuer in der Unübersichtlichkeit
der Bäderwelt dient und ihn auf
konsequent hohem Qualitätsniveau dann
erst in die entsprechende Ausstellung
des Fachhandels in der Nähe und letztlich
zum alle begeisternden Abschluss führt.
„Über 660 Landingpages gehostet“
Damit das funktioniert, hostet Dornbracht
mittlerweile im Internet neben
dem allgemeinen „Beste Badstudios“-
Auftritt etwa 660 unterschiedliche Partnerseiten
zu den Fachausstellungen und
den Fachhandwerkern mit Ausstellung.
Wie das Dornbracht Monitoring zeigt,
wurden insbesondere die komfortable
Online-Terminvereinbarung sowie der
Routenplaner von den Besuchern der Seite
in Anspruch genommen. Für die teilnehmenden
Fachbetriebe zahlt sich die
Präsenz auf dem Empfehlungsportal also
aus – viele konnten in der kurzen Laufzeit
schon konkrete Kundenkontakte generieren.
Unterstützt wird die Seite durch
eine Google-AdWords-Kampagne, die
erfolgreich zur Auffindbarkeit der „Besten
Badstudios“ im Netz beiträgt.
Eigentlich ist das Bedarfsweckung und
Absatzsteuerung wie aus dem Marketinghandbuch.
Zeitnah und weitestgehend
verlustfrei bei allen relevanten Informationen.
Dass dennoch nicht jeder
Ausstellungsbetreiber mitmachen möchte,
sieht Dieter Kraus daher mit Bedauern:
„Die Bedenken gegenüber unserer
Initiative zeigen vor diesem Hintergrund
eigentlich nur, dass wir im Umgang miteinander
noch viel offener und vertrauensvoller
werden müssen.“ Denn dass der
Hersteller irgendwann einmal ohne den
Fachgroßhandel kann, das sieht Kraus bei
aller Begeisterung für die eigenen Marktaktivitäten
wahrlich nicht: „Gerade die
anspruchsvoll ausgestatteten Bäder in
unserem Marktsegment sind ohne die
dreistufige Wertschöpfungskette aus
Markenhersteller, Fachgroßhandel und
kompetentem Fachhandwerker gar nicht
realisierbar. Unser Ziel ist es deshalb mit
‚Beste Badstudios‘ einfach nur, dass wir
uns gemeinsam auf die veränderten Informations-
und Einkaufsgewohnheiten
unserer Zielgruppe einstellen und die
dann möglichst schlank und umfassend
bedienen.“ Nicht mehr, aber auch nicht
weniger.