Energieeffizienz und Digitalisierung als prägende Faktoren

Den Wasserhahn zu öffnen und fließend sauberes Trinkwasser zu erhalten, ist für viele von uns eine Selbst­verständlichkeit. Doch die Sicherstellung von hygienisch einwandfreiem Trinkwasser ist selbst in hochentwickelten Industrieländern immer noch eine Herausforderung – sogar in neu errichteten Wohn- und Bürogebäuden, Hotels, Kliniken, Altersheimen, Thermalbädern und Wellness-Einrichtungen.

Nicht nur in Deutschland, sondern auch in vielen anderen europäischen Ländern sind nach Erhebungen des Europäischen Zentrums für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten (ECDC) in den letzten Jahren die Infektionszahlen aufgrund von Legionellen gestiegen. Der Schutz des Trinkwassers ist ein äußerst wichtiges Thema, denn hierbei geht es um die Gesundheit und Lebensqualität der Menschen. Daher gilt es bereits bei der Planung von Installationen, die entsprechenden Vorgaben umzusetzen und im Betrieb die Anlage als Ganzes im Blick zu behalten und genau zu kontrollieren – das verhindert hohe Folgekosten. Denn nur durch die richtigen Maßnahmen kann eine übermäßige Vermehrung von Bakterien wie Legionellen und Pseudomonaden vermieden werden.

Einer, der sich täglich damit beschäftigt, ist René Habers, Leiter Marketing und Presales bei GF Piping Systems Deutschland. Im Interview erzählt der gelernte Installateur und diplomierte Ingenieur der Versorgungstechnik von den wachsenden Herausforderungen, aber auch Chancen bei der Installationstechnik im Hinblick auf Energieeffizienz und Trinkwasserhygiene.

Welche Herausforderungen lauern bei der Sicherstellung der Trinkwasserhygiene in Installationen?

„Trinkwasser enthält von Natur aus viele Mikroorganismen. Problematisch wird es jedoch erst, wenn sich diese in den Installationen stark vermehren und es zu hohen Konzentrationen kommt. In vielen Fällen werden diese erst erkannt, wenn ein Teil der Trinkwasser-Installation bereits betroffen ist. Schuld daran sind oft die zu großen Mengen an Inhaltsstoffen im Wasser sowie ungünstige Betriebsbedingungen. Grundsätzlich muss also eine übermäßige Vermehrung von Bakterien gestoppt werden (Abbildung 1). Dabei sind drei Faktoren für das Wachstum entscheidend: Nährstoffe, Temperatur und Zeit.

Viele Wasserverteilungssysteme bergen Risiken, etwa in Bezug auf die Länge, den Verzweigungsgrad, etwaige Stagnationsbereiche in Form von Totleitungen, den nicht korrekten hydraulischen Abgleich der Zirkulationsleitung sowie Trinkwassertemperaturen zwischen 25 und 55 Grad Celsius (Abbildung 2). Diese Faktoren können die Wasserqualität stark beeinträchtigen. Bei herkömmlichen Installationssystemen besteht die Herausforderung darin, dass die Verteilung der Warmwassermengen im gesamten Leitungsnetz mit einem hohen Berechnungsaufwand verbunden und hy­draulisch schwer nachvollziehbar ist. Insgesamt betrachtet ist es also eine große Aufgabe, das Bakterienwachstum im Trink­­wasser durch eine einwandfrei funk­tionierende Installation auf ein Minimum zu reduzieren sowie dabei gleichzeitig einen energieeffizienten Betrieb sicherzustellen. Eine große Chance bietet dabei die Digitalisierung, denn sie liefert uns die technischen Möglichkeiten dazu. Doch eigentlich fängt wirksamer Trinkwasserschutz schon vor dem Einbau und Betrieb an, nämlich bereits bei der Planung.“

Welche Faktoren müssen konkret bei Planung, Einbau und Betrieb der Trinkwasser-Installation beachtet werden?

„Entscheidende Parameter für hygienisch einwandfreies Trinkwasser sind die passende Materialauswahl, bedarfsgerechte Dimensionierung von Leitungen und der Warmwasserbereitung, korrekte Dämmung der Rohrleitungen, hygienische Temperaturniveaus sowie die richtige Betriebsweise. Eine optimale Anlagenplanung sieht möglichst klein dimensionierte Rohrleitungssysteme vor, die mit strömungsgünstigen Bauteilen und mit geringen Wassermengen in den Rohrleitungen arbeiten. Nur wenn die Installation verbrauchsorientiert geplant und installiert wird, zum Beispiel als Ringleitungen, werden die Rohrleitungen und sämtliche Zapfstellen im Idealfall regelmäßig durchspült und somit Stagnationen sowie möglicher Bakterienwachstum langfristig vermieden. Für die Planung und den Betrieb von Trinkwasser-Installationen haben namhafte Vereine und Verbände wie der Verein Deutscher Ingenieure (VDI), der DVGW, aber auch der BTGA und der ZVSHK, gemeinsam eine Reihe an Regelwerken erstellt, um Planern und Ausführenden mehr Sicherheit bei der Planung von Trinkwassernetzen im Gebäude zu geben. Die Richtlinienwerke VDI/DVGW 6023 ‚Hygiene in Trinkwasser-Installationen‘ geben dabei folgende Rahmenbedingungen vor:

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Welche Pflichten haben Betreiber hinsichtlich der eigenen Trinkwasser-Installation?

„Mit der aktualisierten Trinkwasserverordnung will der Gesetzgeber Planer und Installateure, aber auch Betreiber stärker in die Pflicht nehmen. Denn die strengen Trinkwasser-Kontrollen der Versorger enden spätestens am Wasserzähler des Hauses. Ab hier ist jeder Betreiber oder Hauseigentümer selbst für den Erhalt der Trinkwasserqualität zuständig. Hier muss mehr getan werden, denn die Haupt­risikofaktoren lauern in den Hausleitungen, das heißt zwischen Wasserzähler und Entnahmestelle (Abbildung 3).

Eine wichtige Maßnahme für Betreiber ist die lückenlose Temperaturüberwachung, um den Zustand der Trinkwasser-Installation zu beurteilen sowie Risiken zuverlässig und schnell zu erkennen. Die erforderlichen Reinigungs- und Wartungsintervalle der sicherheitstechnischen Einbauten müssen verlässlich eingehalten werden. Dank neuer digitaler Möglichkeiten können mithilfe von Softwareunterstützung die hygienische Reinheit des Wassers sichergestellt, Messwerte und Spülungsprozesse aller Stränge dokumentiert und zudem die Energieeffizienz der Anlage optimiert werden. (Abbildung 4). Damit können die Verantwortlichen zuverlässig nachweisen, dass sie alle erforderlichen Maßnahmen für eine hygienische Kalt- und Warmwasserversorgung im Gebäude getroffen haben.“

Welche Ratschläge haben Sie bezüglich der Sicherstellung der Trinkwasserhygiene?

„Inhaltsstoffe und ungünstige Betriebsbedingungen führen in vielen Installationen zu starken Verkeimungen. Um die Trinkwasserhygiene sicherzustellen, braucht es eine systematische Gesamtbetrachtung der Trinkwasser-Installation im Kalt- und im Warmwasserbereich. Entsprechende Maßnahmen hierfür lassen sich grob in vier Kategorien einteilen: Prävention, Monitoring, Intervention, Risikobewertung. Diese hat GF Piping Systems in einem integralen ‚Hycleen‘-4-Schritte-Hygienekonzept zusammengefasst (Abbildung 5). Betreibern, Planern und Installateuren rate ich Folgendes:

  1. Eine Trinkwasser-Installation, die durchgängig darauf ausgelegt ist, das Bakterienwachstum zu vermeiden: Dazu gehören Rohrleitungen mit Oberflächen, die Biofilme und andere Ablagerungen verhindern sowie Fittings und Ventile ohne wasserführende Tot­räume, in denen sich Bakterien nicht vermehren können. Außerdem sollte auf das konsequente Abtrennen und Entleeren von Totleitungen und ungenutzten Zapfstellen geachtet werden. Das gilt besonders bei großen Gebäuden mit wechselnder Nutzung, wie zum Beispiel bei Krankenhäusern und deren wiederkehrende Umnutzung von Räumen wie Patientenzimmern. Genauso wichtig ist dies für den sachgemäßen Betrieb von Installationen in Sporthallen oder Kasernengebäuden.

  2. Die ständige Überwachung der Trinkwassergüte und der Wassertemperaturen: Kaltes Trinkwasser sollte immer unter 25 °C liegen, warmes Trinkwasser immer über 55 °C (Legionellen wachsen vor allem im Temperaturbereich dazwischen). Das ist keine Selbstverständlichkeit, weil die Rohrleitungen in Schächten oder Vorwänden oft zu eng beieinander liegen oder un­zu­reichend gedämmt sind. Das hat zur Folge, dass sich unerwünscht Wärme überträgt. Daneben gehören selbstverständlich regelmäßige Trinkwasser-Beprobungen und die mikrobiologische Analytik zu den wichtigen Maßnahmen.

  3. Ein regelmäßiger Austausch des Wasserinhaltes in der Trinkwasser-Installation, damit eventuelle Verkeimungen möglichst niedrig gehalten werden: Wiederkehrendes Spülen des Trinkwassersystems trägt mögliche Ablagerungen hi­naus und verhindert die übermäßige Bildung von Biofilmen. Für die chemische Desinfektion ist aggressives und unangenehm riechendes Chlor­dioxid, wie es in einigen Ländern noch sehr üblich ist, notwendig. Moderne Desinfektions-Lösungen auf Basis von Natrium­hypochlorit, wie sie GF Piping Systems empfiehlt, sind dabei eine hochwirksame, umweltschonende und sogar trinkbare Alternativen.

  4. Eine periodische Risikobewertung, die die Trinkwassergüte sicherstellt und die Energie- und Ressourceneffizienz optimiert: Dieser Schritt umfasst den Blick auf veränderte Bedingungen im Gebäude, etwa eine Änderung in der Gebäudenutzung und darauf abgestimmte Maßnahmen.

Besonders bei weit verzweigten Trinkwasser-Installationen unterstützt zudem unser digital vernetztes ‚Hycleen Automation‘-System zur Sanitär-Automation mit dem hydraulischen Abgleich von Warmwasser- beziehungsweise Zirkulationsleitungen sowie der automatischen Spülung von nicht ausreichend durchströmten oder zu warmen Kaltwasser-Leitungen. Damit ist es möglich, die Warmwassertemperatur, die zum Beispiel der Warmwasserspeicher erzeugen muss, dauerhaft zu senken. Das ist energieeffizienter, als das Wasser im gesamten System aufgrund eines schlechten beziehungsweise nicht ausreichenden hydraulischen Abgleichs durch überhöhte Temperaturen im Speicher auf einem sicheren Niveau zu halten.

Dank einer zentralen Regeleinheit können alle eingebauten Ventile programmiert, gesteuert und permanent ausgewertet werden (Abbildung 6). Damit können beispielsweise auch in nicht vollständig bekannten Installationsnetzen Fehler in einzelnen Strängen der Warmwasser- und Zirkulationsleitungen nachträglich aufgedeckt und schrittweise beseitigt werden. Dank des technologischen Fortschritts ergeben sich viele spannende Möglichkeiten, zukünftig Trinkwasser-Installationen hinsichtlich Energieeffizienz und Hygiene weiter digital zu optimieren.“

Freitag, 03.04.2020