Es regnet zu wenig. Die Reaktion darauf treibt Blüten: „Hauptsache Schlagzeile“, scheint dabei das Motto vieler „Experten“ zu sein.
Diskussion um Wasserenthärtung
Es regnet zu wenig. Die Reaktion darauf treibt Blüten: „Hauptsache Schlagzeile“, scheint dabei das Motto vieler „Experten“ zu sein.
Irgendwo muss es, drängt sich der Eindruck auf, seit ein paar Jahren einen vergleichsweise kostengünstigen Studiengang geben. Und zwar den zum „Experten“. Also jene (wie auch immer) Sonderqualifizierten, die nach dem Aufpoppen eines Buzz-Words/Problems/Aufregers oder sonstigen Vorkommnisses sofort und fürderhin wochenlang in der Dutzendware der Fernseh-Diskussionsrunden herumgereicht oder – bevorzugt mit wehendem Rockschoß der laufenden Kamera und dem hingehaltenen Mikro entgegenstrebend – in einer Sondersendung der ARD nach der Tagesschau interviewt werden. Was die Experten dabei qualifiziert, ihre Expertise zum Listerienbefall in der Dauerwurst, zur gesundheitsgefährdenden Legionelle im Trinkwasser oder zum wegen der feinstaub-Luftverschmutzung abnehmenden Schimmer des Mondes über Wanne-Eickel mehr oder weniger profund abzugeben, erschließt sich zwar selbst auf den zweiten Blick oft nur selten – aber man bzw. er (nur selten ist es die „sie“) hat was gesagt und wird zumindest lautmalerisch wahrgenommen, auch wenn am Ende vermutlich kaum jemand tatsächlich zugehört hat.
Und wenn, ist er ja auch selber schuld. Schließlich ist das Ganze gleichzeitig auch wieder irgendwie egal, weil spätestens morgen eine neue „Sau durchs Dorf getrieben“ und damit das Interesse am Neuen neu fokussiert wird – womit die Halbwertzeit des „Experten A“ im Übrigen dann ebenfalls abgelaufen ist.
Es sei denn – und jetzt kommt man auf des Pudels Kern bzw. auf eine wirkliche Härte –, es sei denn, es handelt sich um unser „Lebensmittel Nr. 1“; also das Trinkwasser. Trinkwasser ist wertvoll und knapp und muss von Haus aus und im Haus selbst, wird uns via Trinkwasserverordnung (TrinkwV) bereits seit 2001 eingetrichtert, bekanntermaßen „so beschaffen sein, dass durch seinen Genuss oder Gebrauch eine Schädigung der menschlichen Gesundheit insbesondere durch Krankheitserreger nicht zu besorgen ist. Es muss genusstauglich und rein sein“.
Entsprechend hoch schlagen die Wogen, bei Trockenheit zumindest virtuell, wenn eben dieses Trinkwasser potentiell und möglicherweise nicht mehr in hinreichendem Maße zur Verfügung steht, weil es dafür über Monate oder gar Wochen am originär notwendigen Niederschlag mangelt. Wie im ersten Quartal dieses Jahres, als die Zeitung mit den vier großen Buchstaben textete: „Gerade mal ein Viertel des Jahres 2020 ist vorüber, schon schlagen Wasser- und Klima-Experten sowie Bauern Alarm. Es droht der dritte Dürresommer in Folge! Im April fielen bislang nur fünf (!) Prozent der normalen Niederschlagsmenge.“ So weit, so schlecht, das Ganze lässt sich statisch nachlesen, mithin verifizieren – doch die beliebten Experten sind ja zumindest sprachlich hier auch schon mal wieder untergebracht…
Das Schlusswort aber gebührte in diesem Kontext dann doch einem qualifizierteren Kollegen aus unserer Branche, nämlich dem ausgewiesenen Trinkwasser-Sachverständigen N.N.* (*Name der Redaktion bekannt), der sich zu den erwartbaren Konsequenzen zur noch gar nicht belastbar erwartbaren Dürre wie folgt zitieren ließ: „Zuerst wird es Verbote geben, den Rasen zu sprengen und Autos zu waschen. Danach wird man zum Beispiel auch verbieten, häusliche Enthärtungsanlagen zu betreiben. Denn diese verbrauchen Wasser zum Spülen.“
Das sagt, der guten Ordnung halber sei es wiederholt, der Trinkwasser-Sachverständige N.N.*. Was ihn veranlasste, an dieser Stelle die notwendige Spülung von Enthärtungsanlagen auf die gleiche Stufe zu stellen wie das Rasensprengen, erschließt sich zwar weder auf den ersten noch auf einen zweiten Blick. Außer möglicherweise der verbale Nachweis des Expertentums, denn als zweiten verschwenderischen Wasserverbraucher etwa das exzessive Gießen von Hortensien auf dem Süd-Balkon anzuprangern oder als dritten gar den häuslichen Mini-Pool für Jan-Luca (3) und Jacqueline (5) zu füllen – das hätte schließlich auch jedes wasserkundlich autodidaktisch-laienhaft ausgebildete Lieschen Müller hinbekommen… Aber „Enthärtungsanlage“ und „Spülen“ – erst eine solche technisch grundierte Wort- und Funktionskombination weist wohl den wahren Fachmann aus.
Zumindest so lange, bis man mal nachfragt. Nicht beim Trinkwasser-Sachverständigen; der hatte ja nach traditionell-medialer Hack- und Gesellschaftsordnung schon das Recht des ersten Wortes. Sondern bei denen, die solche Anlagen herstellen. Weil es nämlich eine ganze Menge Regionen in D gibt sowie immer öfter schwankende Wasserqualitäten, die den Einsatz der automatisierten Enthärtung schlichtweg notwendig machen. Und damit eben auch besagte Spülung, wenn man sich nicht eventuelle trinkwasser-hygienische Probleme einhandeln will.
Also – was hält jemand wie beispielsweise Grünbeck davon? Der Hersteller aus Höchstädt an der Donau zeigt sich schlicht arg verwundert ob der Verständigkeit des Sachverständigen: „Im Falle von Wasserknappheit wurden in der Vergangenheit verzichtbare Aktivitäten wie beispielsweise Rasen sprengen oder Auto waschen eingeschränkt. Uns ist allerdings nicht bekannt, dass für die Lebensqualität essentielle Geräte wie Wasch- und Spülmaschinen oder Enthärtungsanlagen verboten worden wären. Wir halten eine solche Aussage von einem Trinkwassersachverständigen für doch recht fragwürdig.“
Gewissermaßen am anderen Ende der enthärtungstechnischen deutschen Landkarte, dem Niederrhein, aus Korschenbroich, bezieht SYR-Geschäftsführer Willi Hecking eine vergleichbare Position, hier jedoch zusätzlich mit dem bekannten rheinischen Humor hinterlegt: „Da hat ja einer tolle Gedanken. Dann kommt wohl irgendwann auch wieder die Badewanne für die ganze Familie. Erst Papa, dann Mama und dann die Kinder – ohne Wassertausch. Wasseraufbereiter sind nicht nur zum Komfort da, sondern schützen den Warmwasserbereiter und die nachgeschaltete Installation vor Verkalkung!“
Wie das in der Praxis geschieht – die Fachleute kennen den Prozess: Bei Ionentauscheranlagen wird das Trinkwasser über ein spezielles Regeneriersalz geführt, das Kalzium- und Magnesium-Ionen (also: Kalk) durch „weiche“ Natrium-Ionen ersetzt. Sollte irgendwann eine zu hohe Anreicherung des Regeneriersalzes mit Kalzium- und Magnesium-Ionen festgestellt werden, erfolgt automatisch eine Rückspülung. Das verhindert einen sogenannten Härtedurchbruch und damit unerwünschte Kalkeinträge in das nachgeschaltete Rohrleitungsnetz. Die für eine solche Rückspülung notwendige Trinkwassermenge ist dabei auf ein absolutes Mindestmaß reduziert. Der Gesamtwasserverbrauch eines 4-Personen-Haushaltes erhöht sich im Durchschnitt nur um etwa 2 bis 3 Prozent! Bei 170 m³ Gesamtverbrauch pro Jahr entspräche das rund 4 m³ mit Mehrkosten von kaum mehr als 50 Cent pro Monat (bei einem angenommenen Grundpreis von 1,70 Euro/m³).
Das Fazit: Schön, wenn Trinkwasser-Experten zu Wort kommen, auch in Reichweiten-starken Endverbrauchertiteln. Das könnte unserer gesamten Branche – hier: in Bezug auf Enthärtungsanlagen – konstruktiv weiterhelfen. Weil Trinkwasser-Installationen nämlich bekanntermaßen bei harten Wässern dann nicht so schnell verkalken und Wärmeübertrager in Wärmeerzeugern effizienter arbeiten würden. Deswegen fördert übrigens die BAFA auch die Installation von Enthärtungsanlagen. Schade nur, wenn dieser Effekt durch eine derartig unsachverständige Effekthascherei ins Gegenteil verkehrt wird…
Donnerstag, 20.08.2020