Trinkwasser ist nicht steril...
Trinkwasser ist nicht steril...
...sondern enthält auch bei Erfüllung aller gesetzlichen Anforderungen in allen Stufen von der Gewinnung bis zur Verteilung an den Nutzer eine Vielzahl von Mikroorganismen, die in der Regel für den Menschen ungefährlich sind. Aber auch fakultative, opportunistische Krankheitserreger wie Legionellen, atypische Mykobakterien (NTM), Pseudomonas aeruginosa und eine wachsende Zahl weiterer Bakterien finden speziell im Lebensraum der Trinkwasserinstallation in Gebäuden optimale Lebens- und Vermehrungsbedingungen sowohl im Warm- als auch im Kaltwasser.
Eine Kombination aus schlechter Werkstoffqualität, Stagnation bzw. träger Durchströmung, Wasserbeschaffenheit und zu niedriger Warmwasser- bzw. zu hoher Kaltwassertemperatur kann zu starker Biofilm-Entwicklung führen, in dessen Schutz sich auch fakultative Krankheitserreger vermehren können.
Die Hydraulik der Trinkwasseranlage beeinflusst zwar nicht in erster Linie die Arten-Zusammensetzung der Biofilme oder des Mikrobioms, hat aber einen entscheidenden Einfluss auf die mechanische Stabilität der biologischen Aggregate. EPS (Schleim) bietet Schutz und eine gewisse physikalische Stabilität gegenüber Scherkräften. Bei Stagnation oder geringen Fließgeschwindigkeiten des Trinkwassers erfolgt das Wachstum sehr unregelmäßig mit Bildung von Poren und Kanälen und Stoffgradienten mit der Folge geringer mechanischer Stabilität und der Gefahr der Freisetzung bakteriell stark besiedelter Biofilmfragmente.
Bei hohen konstanten Scherkräften wird der Biofilm in seiner Mächtigkeit begrenzt und wächst sehr kompakt und fest auf den Grenzflächen, was ein Abreißen zum Beispiel bei Druckstößen stark erschwert.
Im Sinne einer optimalen Betriebsführung sind hohe Strömungsgeschwindigkeiten bzw. hohe Scherkräfte anzustreben, da dadurch ein unkontrolliertes Abreißen von Biofilmbestandteilen, die mit fakultativen Mikroorganismen besiedelt sein können, stark reduziert und dadurch eine Übertragung auf den Verbraucher mit der Gefahr einer Krankheitsauslösung vermindert wird. Ein weiterer Faktor ist die Beeinflussung der Kommunikation der Bakterien untereinander durch Botenstoffe (Quorum sensing), die durch einen forcierten Wasseraustausch/höhere Fließgeschwindigkeiten möglicherweise so beeinflusst wird, dass Signale zum Aufbau eines Biofilms abgeschwächt werden [1].
Damit die Vermehrung von Bakterien, insbesondere von Krankheitserregern, in Trinkwasserinstallationen nicht unzulässig gefördert wird, gelten zunächst die allgemein bekannten Grundsätze, dass das erwärmte Trinkwasser über Temperaturen > 55 °C und das kalte Trinkwasser über Temperaturen möglichst unter 25 °C – besser unter 20 °C – verfügen muss (Bild 1). Weniger geläufig ist dagegen die Anforderung, dass sich bereits bei bestimmungsgemäßem Betrieb überwiegend Strömungsverhältnisse einstellen müssen, die in allen Teilstrecken einer Trinkwasserinstallation zu möglichst hohen Scherkräften an den Rohrwandungen führen. Rohrnetze der Trinkwasserinstallation müssen daher so aufgebaut und dimensioniert werden, dass sich bereits bei Einzelentnahmen – und nicht nur bei Spitzendurchflüssen – eine vollturbulente Durchströmung in möglichst vielen Teilstrecken des Rohrnetzes einstellt (Bild 1). Nur bei derartigen Betriebsverhältnissen kann gegebenenfalls die Mächtigkeit eines Biofilms aktiv begrenzt und dessen mechanische Stabilität dauerhaft sichergestellt werden.
Die Scherkräfte, die im Strömungsfall an den Rohrwandungen angreifen, resultieren aus dem Schubspannungswiderstand (Reibungswiderstand) des an der Rohroberfläche anhaftenden Wassers. Die Größe dieser Kraft hängt unter anderem von den Strömungsverhältnissen ab; insbesondere, ob eine Strömung laminar oder turbulent ist. Turbulente Strömungen vergrößern die Wandschubspannung, laminare Strömungen verringern sie. In technischen Berechnungen wird die sogenannte Reynoldszahl verwendet, um rechnerisch feststellen zu können, ob eine laminare oder turbulente Strömung vorliegt. Je größer der Durchfluss in einer Rohrleitung wird – und damit auch die Fließgeschwindigkeit –, desto größer wird auch die Reynoldszahl. Versuche haben ergeben, dass in kreisrunden Rohren der Umschlag von einer laminaren in eine turbulente Strömung bei einer Reynoldszahl von Rekrit = 2320 stattfindet [2]. Mit dem Übergang von einer laminaren in eine turbulente Strömung verdoppelt sich in etwa der Druckverlust sprunghaft. Die Scherkräfte, die an der Rohrwandung wirksam werden, nehmen mit der Reynoldszahl zu.
Damit die Forderung der Trinkwasserhygiene nach einem Rohrleitungssystem mit geringem Wasserinhalt, geringer innerer Rohroberfläche und schnellem Wasseraustausch bei überwiegend turbulenter Durchströmung erfüllt werden kann, muss auf Grundlage der normativen Regelungen in DIN 1988-300 die Bedarfsdeckung mit möglichst geringen Leitungsdurchmessern rechnerisch nachgewiesen werden [3]. Vergleichende Modellberechnungen für eine Trinkwasserinstallation (Krankenhaus mit 200 Nasszellen) auf dieser Grundlage zeigen, dass der Wasserinhalt, der Wasserwechsel und die Qualität der Durchströmung maßgeblich von folgenden Faktoren abhängig sind:
▪ vom Verteilungsprinzip (horizontal oder vertikal ausgerichtet), ▪ vom Einspeisepunkt in die Rohrnetzstruktur (unsymmetrisch/symmetrisch), ▪ vom Aufbau der Stockwerksinstallationen (Stich-, Reihen-, Ringleitungen, Ringleitungen mit Strömungsteilern), und ▪ von der Berechnung des Spitzendurchflusses (Referenzwerte oder Herstellerdaten) [4].
So liefert eine vertikale Erschließung eines Gebäudes über Steigleitungen mit einer näherungsweise symmetrischen (mittigen) Einspeisung in die Rohrnetzstruktur für alle trinkwasserhygienisch relevanten Rohrnetzparameter die besten Ergebnisse (Bild 2 und Bild 3, System 4). Die ungünstigsten Ergebnisse bringt im Vergleich dazu eine horizontal ausgerichtete Rohrnetzstruktur mit einer unsymmetrischen Einspeisung. Dieses Ergebnis ist allein schon dadurch bedenkenswert, weil die aktuell realisierten Rohrleitungssysteme für „Risikoinstallationen“ in Gebäuden des Gesundheitswesens überwiegend dieser aus trinkwasserhygienischer Sicht ungünstigen Netzstruktur folgen (Bild 2 und Bild 3, System 1) [5].
Mikrobiologische Auffälligkeiten des Trinkwassers konzentrieren sich häufig auf Wasserproben, die aus Leitungen kurz vor den Entnahmestellen, den sogenannten Stockwerks- und Einzelzuleitungen, oder auch aus den Entnahmestellen selbst gezogen wurden. Die Häufung auffälliger Ergebnisse aus diesen Leitungsbereichen kann in den meisten Fällen auf einen fehlerhaften Aufbau der Stockwerksinstallation in Verbindung mit einer unzureichenden Nutzung der Entnahmearmaturen zurückgeführt werden. Da in den zugehörigen Installationsräumen zusätzlich noch hohe Umgebungslufttemperaturen vorherrschen, kann es hier – trotz gegebenenfalls hochwertiger Dämmung der Rohrleitungen – zu einer kritischen Erwärmung des Wasserinhalts von Kaltwasserleitungen kommen.
Treffen mit Stagnation bzw. träger Durchströmung und zu niedriger Warmwasser- bzw. zu hoher Kaltwassertemperatur Negativfaktoren aufeinander, kann ein Biofilm mit geringer mechanischer Stabilität an den Rohrwandungen nahezu ungestört aufwachsen. Neben Ausrichtung und Bemessung der Haupt-Verteilungsleitungen hat daher auch der konstruktive Aufbau der Stockwerksinstallation maßgeblichen Einfluss auf die hygienische Qualität des Trinkwassers an der Entnahmearmatur [6]. Stockwerksinstallationen müssen mit der Zielsetzung konstruiert werden, dass sich spätestens mit der Nutzung der angeschlossenen Entnahmearmaturen näherungsweise gleichmäßig über den Tag verteilte vollturbulente Fließvorgänge in allen Teilstrecken einstellen.
Aus trinkwasserhygienischer Sicht ergeben sich in Stockwerksinstallationen die besten Betriebsbedingungen, wenn alle Stockwerksleitungen ohne Unterbrechung gleichmäßig durchströmt werden. Das ist idealerweise der Fall, wenn alle Stockwerksleitungen in eine Warmwasser- bzw. in eine Kaltwasserzirkulation eingebunden sind [7]. Die geforderten Warm- bzw. Kaltwassertemperaturen und die Aufrechterhaltung von konstanten Scherkräften an den Rohrwandungen können dadurch, unabhängig vom Nutzerverhalten, dauerhaft sichergestellt werden. Bei hohen konstanten Scherkräften wird der Biofilm in seiner Mächtigkeit begrenzt und wächst sehr kompakt und fest auf den Grenzflächen, was ein Abreißen stark erschwert. Ohne Zirkulation kann die Durchströmung der Stockwerksleitungen nur durch Wasserentnahmen erreicht werden. Die vorgenannten trinkwasserhygienisch relevanten Parameter sind dann sowohl vom konstruktiven Aufbau der Stockwerksinstallation als auch vom Nutzerverhalten abhängig; Scherkräfte greifen nicht mehr konstant an!
Aus den Ergebnissen messtechnischer Untersuchungen kann abgeleitet werden, dass bei einer wohnungsähnlichen Nutzung einer Trinkwasserinstallation nur die WC-Anlagen näherungsweise gleichmäßig über den Tag verteilte Fließvorgänge erzeugen. Andere Wasserentnahmen, z. B. zur Körperpflege, konzentrieren sich auf einen relativ kurzen Zeitraum, in der Regel auf die frühen Vormittagsstunden.Zur Sicherstellung einer häufigen Durchströmung mit intensivem Wasserwechsel müssen Stockwerksinstallationen daher so aufgebaut werden, dass bereits mit dem Füllvorgang für den Spülkasten alle zugehörigen Stockwerksleitungen durchflossen werden. Dieses Ziel kann entweder mit Ringleitungen oder mit Reihenleitungen erreicht werden. Im letzteren Fall muss die am häufigsten genutzte Entnahmearmatur – das WC – zwingend jeweils am Ende einer Reihenleitung angeschlossen werden (Bild 4) [8]. Im Vergleich vergrößern Strömungsteiler-Installationen nicht den Gesamtwasserinhalt einer Trinkwasserinstallation. Das setzt voraus, dass die Ringleitungen auf der Grundlage der Bemessungsregeln in DIN 1988-300 hydraulisch fundiert bemessen werden! [9]
Zur besseren Beurteilung der Funktionalität von Stockwerksinstallationen wurden in einer Studie Messergebnisse aus Strömungsteiler-Installation mit den Ergebnissen aus Simulationsrechnungen für konventionelle Installationstechniken (Einzelzuleitungen, Reihen- und Ringleitungen) verglichen. Der Vergleich zeigt eindeutig, dass der Wasserwechsel in Strömungsteiler-Installationen wesentlich intensiver ist und sich gleichmäßiger über den Tag verteilt (Bild 6). Gegenüber Reihenleitungen lag die mittlere Wasserwechselrate pro Tag bei Strömungsteiler-Installationen um bis zu vierzigfach höher. Der intensivere und gleichmäßiger über den Tag verteilte Wasserwechsel ist darauf zurückzuführen, dass durch Wasserentnahmen an beliebiger Stelle Induktionsvolumenströme in allen im Fließweg vorgelagerten Ringleitungen erzeugt werden (Bild 6, dunkelblau dargestellte Messwerte für den Volumenstrom). Durch den intensiveren Wasserwechsel in Strömungsteiler-Installationen wird die vom kalten Trinkwasser aufgenommene Wärme schneller abgeführt. Dadurch strömt kälteres Trinkwasser aus der Steig-/Verteilungsleitung auch schneller nach. Mit dem zusätzlichen Wasserwechsel durch Induktion [10] werden daher nicht nur „Verdünnungseffekte“ sichergestellt, sondern im Vergleich zu Reihenleitungs-Installationen auch noch die mittlere Kaltwassertemperatur um ca. 4 K abgesenkt [6]! Die Induktionsvolumenströme in Strömungsteiler-Installationen führen aber nicht nur zu einem erheblich höheren Wasserwechsel und damit verbunden zu einer deutlichen Absenkung der mittleren Kaltwassertemperatur, sondern sie erzeugen auch noch zusätzliche Scherkräfte in ansonsten kritischen Leitungsbereichen.
Rohrnetze der Trinkwasserinstallation müssen konstruktiv so aufgebaut, dimensioniert und betrieben werden, dass sich möglichst häufig und regelmäßig über den Tag verteilt vollturbulente Strömungen einstellen. Da die Spitzendurchflüsse, für die die Rohrleitungen einer Trinkwasserinstallation bemessen werden, im laufenden Betrieb nur sehr selten auftreten, ist es für eine Bewertung der Betriebsverhältnisse nicht ausreichend, wenn turbulente Strömungen nur für den Bemessungsfall nachgewiesen werden. Für eine umfassende Bewertung ist es wichtiger, die Strömungsverhältnisse bei den nachfolgenden Betriebszuständen verlässlich einschätzen zu können:
Die Ergebnisse messtechnischer Untersuchungen von Trinkwasserinstallationen werden im Allgemeinen durch Fließvorgänge geprägt, die aus der Nutzung der WC-Anlagen resultieren. Dabei wird der Füllvorgang für einen Spülkasten, mit einem Berechnungsdurchfluss von 0,13 l/s, standardmäßig von der parallelen Nutzung der zugehörigen Waschtischarmatur überlagert (0,07 l/s). Das führt zu einem Volumenstrom von ≈ 0,20 l/s im Fließweg (Bild 5 und Bild 6). Weitere Überlagerungen mit anderen Wasserentnahmen sind eher selten. Für eine Beurteilung der Fließverhältnisse bei Teillast ist es daher wichtig zu wissen, welche Strömungsform sich dadurch einstellt bzw. bis zu welchen Rohrinnendurchmessern es noch zu einer turbulenten Strömung (Re > 2320) kommt. Bild 7 zeigt den Verlauf der Reynoldszahl in Abhängigkeit vom Durchfluss, dem Rohrinnendurchmesser, der Wandrauheit (k = 0,0015 mm) und der Wassertemperatur (20 °C). Es ist auf den ersten Blick überraschend, dass ein Fließvorgang mit 0,20 l/s in einer Rohrleitung DN 100 gerade noch zu einer turbulenten Strömung führt (Bild 7). Aus diesem Diagramm kann weiterhin abgeleitet werden, dass die meisten Fließvorgänge, auch in sehr großen Trinkwasserinstallationen, zu einer turbulenten Strömung führen. Trotz dieser Erkenntnis muss es nach wie vor das erklärte Planungsziel sein, den Turbulenzgrad insgesamt möglichst hochzuhalten, da bei geringeren Innendurchmessern mit größeren Fließgeschwindigkeiten auch die an den Rohrwandungen angreifenden Scherkräfte erhöht werden. Bei der prägenden Teillast (0,20 l/s) liegen die Reynoldszahlen in solchen – umgangssprachlich als „schlank“ bezeichneten – Installationen in nahezu allen Teilstrecken um mindestens 30 Prozent höher als in hydraulisch ungünstig konstruierten und oberflächlich bemessenen Trinkwasserinstallationen.
Im Beispielfall liefert eine Rohrnetzberechnung mit den Referenzwerten der Norm (Berechnungsdurchflüsse für Entnahmearmaturen) in der markierten Stockwerks-Verteilungsleitung die Nennweite DN 25. Wird der Spitzendurchfluss zur Dimensionierung der Leitungen unter Verwendung der Herstellerdaten für die tatsächlich verwendeten Entnahmearmaturen berechnet, ergibt sich in der betreffenden Teilstrecke die Nennweite DN 20 (Bild 5) [11]. Der „prägende“ Durchfluss von 0,20 l/s führt zwar in einer Leitung DN 25 zu einer vollturbulenten Strömung mit Reynoldszahlen von Re ≈ 10.000 (Bild 7). Eine Verringerung der Nennweite auf DN 20 würde aber bei gleichem Durchfluss die Reynoldszahl um 30 Prozent auf Re ≈ 13.000 erhöhen und damit auch die regelmäßig an der Rohrwandung angreifenden Scherkräfte (Bild 5).
In Ringleitungen, die an einen Strömungsteiler angeschlossen sind, ist es aus trinkwasserhygienischen Gründen wünschenswert, dass auch die Induktionsvolumenströme, verursacht durch eine „prägende“ Teillast (0,20 l/s), durch Kalt- oder Warmwasserzirkulation oder auch durch Spülvorgänge zur Aufrechterhaltung des bestimmungsgemäßen Betriebs zu turbulenten Strömungen führen (Bild 6 und Bild 8). Zur Sicherstellung einer einwandfreien Funktion wird empfohlen, die hydraulischen Berechnungen mit der Berechnungssoftware Dendrit Studio vorzunehmen. Da Strömungsteiler-Installationen auch mit anderen im Markt eingeführten Berechnungsprogrammen verplant werden, wird vom Hersteller ein externes Berechnungstool zur partiellen Überprüfung von Strömungszuständen in Strömungsteiler-Ringleitungen zur Verfügung gestellt. Mit diesem Tool können die für erforderlich gehaltenen Simulationsrechnungen – jeweils für einen Strömungsteiler – beispielsweise die Druckverluste und Turbulenzgrade bei unterschiedlichen Volumenströmen, die Zeiten für einen vollständigen Wasserwechsel im Ring oder auch die Temperaturverhältnisse bei einer Warm- oder Kaltwasserzirkulation auf einfachem Wege berechnet werden. Das Berechnungstool dient bestimmungsgemäß ausschließlich der Überprüfung und nicht der Dimensionierung von Strömungsteiler-Installationen!
Sind der Volumenstrom in der Verteilungsleitung, die Armaturenkennlinie des Strömungsteilers und die Geometrie der Ringleitung bekannt, kann der Induktionsvolumenstrom und die Reynoldszahl durch Rechnung ermittelt werden (Bild 8). Da sich die Spülströme zur Aufrechterhaltung des bestimmungsgemäßen Betriebs (10 l/min = 0,167 l/s) in der gleichen Größenordnung befinden wie die „prägende“ Teillast (0,20 l/s) ist auch hier Turbulenz in aller Regel zu erwarten. Zur Sicherstellung turbulenter Strömung muss in Ausnahmefällen die Geometrie der Ringleitung (Länge und/oder Nennweite) verändert werden. Zirkulationen zur Temperaturhaltung in Kalt- oder Warmwassersystemen benötigen höhere Volumenströme, die immer zu turbulenten Strömungen in den angeschlossenen Ringleitungen führen.
Bedingt durch den konstruktiven Aufbau der Rohrnetze und durch die heute übliche Rohrnetzberechnung mit Referenzwerten für die Berechnungsdurchflüsse von Entnahmearmaturen ergeben sich in der Realität häufig überdimensionierte Leitungssysteme, an die auch noch durchflussreduzierte Entnahmearmaturen angeschlossen werden. Das führt im laufenden Betrieb zu Strömungen mit geringen Fließgeschwindigkeiten und niedrigen Reynoldszahlen und damit aus trinkwasserhygienischer Sicht prinzipiell zu ungünstigen Betriebsbedingungen. Werden bei der Konstruktion und Berechnung eines Rohrnetzes hingegen neben der Sicherstellung der Bedarfsdeckung die vorgenannten trinkwasserhygienischen Zielsetzungen gleichwertig berücksichtigt, kann der Wasserinhalt der Trinkwasserinstallation insgesamt und auch der Wasserinhalt in den jeweiligen Fließwegen reduziert werden. Neben ökonomischen Vorteilen wird so auch der Wasserwechsel forciert. In sogenannten „schlanken“ Trinkwasserinstallationen mit möglichst geringen Innendurchmessern erhöhen sich in allen Betriebszuständen, auch bei Teillast, die regelmäßig an den Rohrwandungen angreifenden Scherkräfte. Bei der prägenden Teillast (0,20 l/s) liegen die Reynoldszahlen in solchen Installationen mindestens um ca. 30 Prozent höher.
Neben der Betriebsführung haben der konstruktive Aufbau und die Bemessung einer Trinkwasserinstallation großen Einfluss auf trinkwasserhygienisch relevante Rohrnetzparameter. Damit ein Biofilm in seiner Mächtigkeit begrenzt wird und fest auf den Grenzflächen anhaftet, sind grundsätzlich Installationskonzepte zu bevorzugen, die bei intensiver und regelmäßiger Durchströmung aller Teilstrecken zu einem geringen Wasserinhalt führen. Es ist zu erwarten, dass dadurch sporadische Infektionen durch mit dem Biofilm assoziierte Krankheitserreger (Legionellen, P.aeruginosa, NTM u. a.) reduziert werden können und damit ein Beitrag zur Infektionsprävention geleistet wird.
[1] Mathys, W., (2019-05): Legionella, Pseudomonas und Co. – Kemper Kompetenzbroschüre – Fakultative opportunistische Krankheitserreger in Trinkwasser-Installationssystemen von Gebäuden (2. Auflage) www.kemper-olpe.de/fileadmin/contents/kemper/02_geschaeftsbereiche/ 2a_gebaeudetechnik/1_aktuelles_gt/Kompetenzbroschuere-Legionella-Pseudomona.pdf
[2] J. Rotta (1956): Experimenteller Beitrag zur Entstehung turbulenter Strömung im Rohr, Ingenieur-Archiv, Band 24, S. 258–281, Springer-Verlag.
[3] DIN 1988-300:2012-05, 1 Anwendungsbereich Technische Regeln für Trinkwasser-Installationen – Teil 300: Ermittlung der Rohrdurchmesser.
[4] DIN 1988-300, 5.2 Berechnungs- und Summendurchfluss.
[5] T. Kirchhoff, W. Mathys, B. Rickmann, C. Bäcker (2017-10): Rohrführung für den Erhalt der Trinkwasserhygiene entscheidend – Sanitärjournal, Sonderheft Installation.
[6] Rickmann L. (2014-09): Einfluss neuer Konzepte bei Planung und Konstruktion von Trinkwasserinstallationen in Großgebäuden auf die hygienische Qualität des Trinkwassers, UMIT.
[7] Rickmann, L., Kirchhoff, T., Mathys, W., Rickmann, B., Bäcker, C. (2018-10): Kaltwassertemperaturen unter 20 °C? – Was ist möglich und was nicht? Sanitärjournal, 33. Jahrgang, Sonderheft.
[8] Ergebnisse einer Expertenanhörung am 31.03.2004 im Universitätsklinikum Bonn (2006-07): Hausinstallationen, aus denen Wasser für die Öffentlichkeit bereitgestellt wird, als potenzielles Infektionsreservoir mit besonderer Berücksichtigung von Einrichtungen zur medizinischen Versorgung – Kenntnisstand, Prävention und Kontrolle. Bundesgesundheitsblatt – Gesundheitsforschung – Gesundheitsschutz, Springer Medizin Verlag 2006.
[9] Kirchhoff, T., Rickmann, L., Spöler, M. (2019): Optimiertes Hardy-Cross-Verfahren – Die Königsklasse zur Dimensionierung von Ringleitungsinstallationen, Fachjournal – Fachzeitschrift für Erneuerbare Energien & Technische Gebäudeausrüstung.
[10] Die Mitnahme von Wasser aus Stockwerksinstallationen durch den Hauptstrom in der Steig-/Verteilungsleitung.
[11] Kirchhoff, T., Rickmann, L., Bäcker, C., Mathys, W., Rickmann, B., (2020-11): Trinkwasserhygienische Parameter – Einfluss der Entnahmearmaturen, SI.
Donnerstag, 27.10.2022