Bedenkenlos „entsorgen“ Verbraucher hygienische Tücher und Lebensmittelreste in der Toilette. Das sorgt für Verstopfung, im Rohr, und blockiert immer häufiger die Kanäle und Pumpen des Abwassersystems! Das dafür oft gescholtene feuchte Toilettenpapier hingegen ist weitgehend unschuldig – sagen die Toilettenpapier-Macher.
Es wird immer teurer: Bis zu viermal häufiger müssen sie ausrücken – nein, nicht die Feuerwehr oder die Notärzte. Es sind die Klärwerktechniker, und der immer häufigere „Notfall“ ist eine verstopfte Pumpe in den Abwasserkanälen oder direkt im Klärwerk. Zwei bis drei Einsätze pro Woche und Kläranlage sind inzwischen schon die Regel.
Hier schaukeln sich zwei Tendenzen gegenseitig hoch. Zum einen reduzieren die Bürger ihren Wasserverbrauch. Wassersparen ist ökologisch sinnvoll und schont den Geldbeutel. Dieses durchaus ehrenwerte Verhaltens hat aber eine bedenkliche Kehrseite: Dadurch erhöht sich der (relative) Anteil an festen Stoffen im Abwasser. Zudem entsorgen immer mehr nachlässige Zeitgenossen mehr „Festes“ in der Toilette, was eigentlich in den Hausmüll gehört. Dazu gehören in erster Linie gesponnene Haushalts-, Baby- und Kosmetiktücher, aber auch vermehrt Essensreste – besonders fatal wirken sich Fette und Öle aus.
Fett und Vlies – das wird fies…
Gesponnenes Vlies, auch Spunlace genannt, ist die Grundlage vieler Feuchttücher. Deren Fasern sind nicht (wasserlöslich) verklebt, wie bei Toilettenpapier, sondern fest verkettet. Deshalb zersetzen sie sich nicht im (Ab-)Wasser. Da angekommen, verknoten sich die Tücher stattdessen mit „ihresgleichen“ zu langen Zöpfen, die sich dann um die Laufräder der Pumpen wickeln. Im schlimmsten Fall blockiert dieser „Verzopfung“ genannte Prozess die Pumpenanlagen des Abwassersystems.
Aber damit nicht genug: Wenn sich die „Zöpfe“ mit den Fetten im Abwasser vollsaugen, kann diese unappetitliche Mischung recht schnell riesige Pfropfen bilden, die wiederum die Leitungen verstopfen. Genau diese blockierten Pumpen und verstopften Leitungen stellen die kommunalen Abwasserbetriebe regelmäßig und immer häufiger vor Probleme.
Der globale Branchenverband „International Nonwoven and Disposable Association“ (INDA) hat sich nicht gescheut, die „kritische Masse“ genauer unter die Lupe zu nehmen. In der Tat besteht sie zu über 90 Prozent aus Haushalts- und Papierhandtüchern, Babytüchern sowie Hygieneartikeln wie Damenbinden und Tampons.
Feuchtes Toilettenpapier kein Problem
Das oft für die Verstopfungen gescholtene feuchte Toilettenpapier hingegen sei mit gerade acht Prozent Anteil an dem verzopften Konglomerat kein Problem.
Nichtdestotrotz sieht sich auch die Industrie produktseitig gefordert, die Werkstoffeigenheiten von feuchtem Toilettenpapier zu verbessern. So berichtet das im münsterländischen Ochtrup ansässige Unternehmen Albaad: „Mit dem Trägermaterial Hydrofine haben wir eine neue Grundlage für feuchtes Toilettenpapier mit deutlich verbesserten Eigenschaften entwickelt. Feuchtes Toilettenpapier auf Hydrofine-Basis löst sich nach Gebrauch durch die mechanischen Einwirkungen der Wasserverwirbelungen in der Kanalisation schneller auf und ist vollständig biologisch abbaubar.“ Albaad ist ein Hersteller von Feuchttüchern und beliefert zahlreiche internationale Einzelhandelsketten.
Auch die Pumpenhersteller reagieren. So hat Wilo, der innovative Marktführer aus Dortmund, die sogenannten SOLID-Laufräder entwickelt: „Vereinfacht gesagt: Deren strömungsoptimierte Geometrie verhindert weitgehend, dass sich Feststoffe im Laufrad festsetzen – und steigert dennoch die Energieeffizienz. Bei dem geschlossenen SOLID-T Laufrad befinden sich keine Schaufeln im Saugbereich, um die sich Feststoffe wickeln können. Das Abwasser inklusive Feststoffe wird stattdessen wie in einen Topf gesaugt und dann über die beiden Augen des Laufrades weiter transportiert“, beschreibt Mario Hübner von Wilo die innovative Pumpe.
Am wichtigsten aber sei der aufklärende Appell an die Verbraucher – da sind sich alle Beteiligten einig: Die Toilette ist kein Mülleimer!!! Also weg mit dem alten Zopf, dass da alles entsorgt werden kann!