Dem Wasserschlag einen Dämpfer verpassen

Kleine Ursache, große Wirkung. Diese an und für sich banale Erkenntnis trifft aber genau des Pudels Kern...

... wenn es um die möglichen Auswirkungen von Wasserschlägen in Trinkwasseranlagen geht. Denn die durch das plötzliche Schließen von Einhebelmischern oder von Magnetventilen ausgelösten „Wasserdruckwellen“ können unter Umständen zu Beschädigungen von Anlagenkomponenten führen, wie Absperr-, Rückschlag- oder Regeleinheiten.

Auf Dauer kann sich die Lebensdauer des Rohrleitungssystems verkürzen. Gerade Rohrverbindungen und Armaturen reagieren, je nach Häufigkeit und Intensität der Wasserschläge, sehr „allergisch“ auf die plötzlichen Änderungen der Druckverhältnisse. Nur eine störende Randerscheinung dagegen ist die durch Vibrationen in den Leitungen ausgelöste Geräuschkulisse.

Was ist ein Wasserschlag?

Bei Trinkwasseranlagen tritt ein Wasserschlag nach dem plötzlichen Schließen einer Leitung durch Vorrichtungen wie Einhebelmischer, Magnetventile, Kugelhähne usw. auf. Das plötzliche Schließen verursacht eine Änderung des Wasserdrucks, die sich in der Leitung in Form einer Überdruckwelle fortsetzt.

Diese Druckänderung beginnt an der Absperrvorrichtung, steigt die Leitung hinauf, wirkt sich auf andere Vorrichtungen oder Biegungen der Leitungsrohre aus und kehrt wieder zum Ausgangspunkt zurück, wobei sie allmählich schwächer wird. Der Überdruck kommt also zu dem bereits in der Leitung vorhandenen Druck hinzu und kann verschiedene Auswirkungen verursachen:

Das Ausmaß des Überdrucks hängt von vielen Faktoren ab. Daher lässt sich das Phänomen im Labor nur schwer nachvollziehen. Es ist abhängig von:

Für die praktische Berechnung des Wasserschlag-Über­druckes werden die normalerweise in einer Trinkwasseranlage vorhandenen Werte unmittelbar in der folgenden Formel miteinander verbunden:

Mit dieser Formel kann kurz die physikalische Bedeutung der „Schließzeit“ oder besser „Phasenzeit“ aufgezeigt werden:

Bei allen mechanischen Vorrichtungen wie Einhebelmischern, Magnetventilen, Kugelhähnen usw. werden alle Schließzeiten t ≤ t* als „schnelles Schließen“ definiert und verursachen in der Leitung einen Wasserschlag mit einem Überdruck, der bei allen Schließzeiten gleich stark und sehr hoch ist. Eine Schließzeit t > t* wird als „langsames Schließen“ definiert und verursacht einen Wasserschlag mit geringerem oder sogar irrelevantem Überdruck. Setzt man in der Formel (1) eine Zeit t = t* voraus, erhält man den Wert des maximalen Überdrucks Δp für den Wasserschlag.

Beispiel mit Zahlen: Rohrlänge 10 m, Durchmesser für 1/2”, Rohre aus Stahl, Kupfer und PE-X mit Wassergeschwindigkeit v1 = 2 m/s. Es ergeben sich die folgenden Werte für die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Störung v2, die Zeiten für das „schnelle“ Schließen t* (Phasenzeit) und den Überdruck Δp anhand der Formeln.

Aufgrund der höheren Steifigkeit von Metallrohren ist die Ausbreitungsgeschwindigkeit v2 höher als in Kunststoffrohren und erreicht beinahe die Schallgeschwindigkeit im Wasser von 1.420 m/s bei 7 °C, die umgerechnet 5.328 km/h beträgt. Zum Vergleich: Die Schallgeschwindigkeit in der Luft beträgt auf Meereshöhe knapp 1.300 km/h. Im Wasser ist die Schallgeschwindigkeit damit knapp viermal höher als in der Luft.

Aus den Ergebnissen ist ersichtlich, dass bei Kunststoffrohren für Trinkwasserleitungen eher Wasserschläge auftreten, da ihre Phasenzeit t* länger ist als bei Metallrohren. Daraus ergibt sich in der Praxis die Notwendigkeit, die Absperrorgane, Ventile usw. langsamer zu schließen als bei Metallrohren. Obwohl Kunststoffleitungen geringere Überdruckwerte Δp aufweisen als Metallrohre (da sie nicht so steif sind und den Wasserschlag teilweise „auffangen“), können diese Überdrücke das Material übermäßig beanspruchen. Bei Unterputzverlegung gestaltet sich die Berechnung des Wasserschlags durch Spiralschlauchmäntel oder Isolationsmaterial und die dadurch gegebene Beeinflussung der Steifigkeit des Kunststoffs noch komplexer. Aus dem obigen Beispiel ist ersichtlich, dass der Einbau eines Dämpfers bei Trinkwasseranlagen mit Kunststoffrohren, vor allem, wenn diese frei liegen, noch wichtiger ist als bei Metallrohren.

Daraus ergeben sich die folgenden Schlüsse:

  1. Je länger das Rohr ist, umso länger ist auch die Phasenzeit t*. Es sind somit immer langsamere Schließvorgänge erforderlich, um die Bildung von Wasserschlägen zu vermeiden (Formel 2).

  2. Bei gleicher Schließzeit t und Fluidgeschwindigkeit v1 steigt, je länger das Rohr ist, das vom Schließen verursachte Δp (Formel 1).

  3. Bei gleicher Fluidgeschwindigkeit v1 und Rohrlänge entspricht bei größeren Durchmessern ein etwas kleineres Δp (Formel 1), die Differenz ist kaum bemerkbar.

  4. Bei gleicher Rohrlänge und Schließzeit t steigt zusammen mit der Fluidgeschwindigkeit v1 das vom Schließvorgang erzeugte Δp (Formel 1).

Gegenmittel ist erhältlich

Ein wirkungsvolles Gegenmittel gegen solche Überdruckwellen sind mechanische Wasserschlagdämpfer der Serie „525“ von Caleffi. Deren Wirkungsweise ist relativ einfach. Basis ist ein Zylinder, der von einem Kolben mit doppelter Ringdichtung in zwei Kammern unterteilt ist. In der geschlossenen Kammer befindet sich komprimierte Luft. Die offene Kammer ist direkt mit der Trinkwasseranlage verbunden und mit Wasser gefüllt. Bei Wasserschlägen wird der Druck im Dopplereffekt von beiden Kammern und einer Gegenfeder ausgeglichen. Diese dämpfende Wirkung hat Caleffi vom KIWA Institut messen lassen. Das anerkannte Institut bestätigt, dass die Wasserschläge um bis zu 60 Prozent reduziert werden. Um die beste Wirkung erzielen zu können, müssen die Dämpfer so nah wie möglich hinter dem Auslöser der Wasserschläge installiert werden. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Dämpfer hängend, senkrecht oder waagrecht eingebaut wird. Übrigens: Eine optimale Funktion wird erreicht, wenn am Anfang des Verteilernetzes ein richtig dimensioniertes Druckminderventil installiert ist.

Neben der Standardversion (1/2“ AG) hat Caleffi spezielle Versionen der Wasserschlagdämpfer der Serie „525“ für Spülen und Waschbecken (3/8“ IG Überwurfmutter x 3/8“ AG) und Waschmaschinen (3/4“ IG Überwurfmutter x 3/4“ AG) im Programm. Die Leistungsdaten aller Versionen lauten: max. Betriebsdruck = 10 bar, max. Wassertemperatur = 90 °C, max. Druckstoß bis 50 bar, Beginn der Dämpfung bei 3 bar. Das Gehäuse ist aus verchromtem Messing, der Dämpfer besteht aus hochbeständigem Polymer, die Feder aus Stahl und die Dichtungen aus EPDM.

Fazit

Die Gefahr, dass durch Wasserschläge die Komponenten von Trinkwasseranlagen beschädigt werden können, ist nicht von der Hand zu weisen. Kunststoff- beziehungsweise Mehrschichtverbundrohre sind eher gefährdet als metallische Leitungen. Gerade in Trinkwasseranlagen ist das abrupte Schließverhalten der Einhebelmischarmaturen ein nicht zu unterschätzender Faktor. Um auf Nummer sicher zu gehen, ist der Einbau von Wasserschlagdämpfern eine gute, vorbeugende Maßnahme.

Dienstag, 06.04.2021