Der aktuelle Konjunkturbericht des Zentralverbands Deutsches Handwerk belegt es jetzt schwarz auf weiß: das Handwerk boomt! So ist das noch recht junge Jahr bereits von Höchstständen bei Umsätzen, Auftragspolstern und Investitionen geprägt. Bei der Auslastung betrieblicher Kapazitäten und den Auftragsreichweiten gibt es sogar Allzeithochs. Kurzum: der Boden des Handwerks war schon lange nicht mehr so golden! Doch anscheinend stehen die jungen Menschen nicht auf das Edelmetall, denn jedes Jahr bleiben Tausende von Lehrstellen unbesetzt. Woran liegt’s? Vor allem am Image!
Denn obwohl die Auftragsbücher voll sind und die Kunden zum Teil sogar monatelang auf Handwerker warten müssen, fehlt es an einer wichtigen Ressource: Auszubildende. Im Ausbildungsjahr 2016/17 blieb laut Bundesinstitut für Berufsbildung jede zehnte Ausbildungsstelle im Handwerk unbesetzt. Bei etwa 153.000 angebotenen Stellen fanden sich für 15.298 offene Stellen keine Lehrlinge. Das ist dramatisch und fordert zum Handeln auf.
Damit die Lücke nicht noch größer wird, müssen die Handwerkskammern vornehmlich eins tun: das negative Image der Ausbildung bekämpfen. So fordert der Zentralverband des Handwerks beispielsweise, die Berufsorientierung auszuweiten, nicht nur an Stadtteilschulen, sondern auch an Gymnasien.
Aber nicht nur das Ungleichgewicht zwischen akademischer und beruflicher Bildung spielt eine Rolle. Auch was am Ende dabei herauskommt, ist entscheidend. Vor allem der finanzielle Aspekt. Denn für viele junge Menschen ist vor allem eine Frage entscheidend: Lohnt es sich?!
Wer noch vor 30 Jahren viel gearbeitet hat, nahm er auch viel Geld mit nach Hause und hatte ein hohes gesellschaftliches Ansehen. Heute heißt es hingegen: „Für dieses Geld geh‘ ich doch nicht arbeiten!“ Völlig falsch!
Handwerker überholen Akademiker
Das Ausüben eines Handwerks hat nichts mit brotloser Kunst zu tun. Ganz im Gegenteil: Etwa 30 Prozent der Handwerksmeister und -techniker verdienen heute mehr als Akademiker. Zu diesem Schluss kommt eine aktuelle Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft, die die Einkommensperspektiven von Absolventen der beruflichen Aus- und Weiterbildung mit den Absolventen eines abgeschlossenen Hochschulstudiums untersucht hat. Ihr Fazit: Die Gleichwertigkeit der Bildungssysteme sei auf dem Wirtschaftsmarkt schon heute Fakt. Viele Betriebe und Firmen würden Handwerksmeister oder Techniker ebenso hoch vergüten wie Bachelor-Absolventen.
Außerdem – so zeigt die Studie - seien die Gehaltsunterschiede bereits nach dem jeweiligen Abschluss einer Ausbildung oder eines Studiums gering. Nach fünf Jahren seien sie nahezu verschwunden. Der Drang zu Abitur und Hochschulen aus finanziellen Gründen mache demnach keinen Sinn. Auch ohne Abitur würden Gesellen und Meistern zu Leistungsträgern der heimischen Wirtschaft werden.
25 Prozent der Top-Verdiener unter Meistern den hätten beispielsweise einen Hauptschulabschluss, 50 Prozent einen Realschulabschluss. Umgekehrt erreicht ein Großteil der akademischen Absolventen nie ein vergleichbares Gehaltsniveau – jeder vierte Akademiker verdient im Zuge seines Arbeitslebens weniger als ein früherer Azubi. Und diese Tendenz wird noch steigen: Da das Angebot an Handwerkern in den kommenden Jahren noch knapper werden wird, werde sich ihr Einkommen tendenziell noch weiter verbessern bei gleichzeitigem Akademikerüberhang.