Das Absenken der Speichertemperatur bei Trinkwassererwärmern reduziert den Primärenergiebedarf, bringt den Nutzern jedoch Gesundheitsrisiken. Eine effektive, energiesparende Trinkwassererwärmung lässt sich auch anders realisieren.
Das Absenken der Speichertemperatur bei Trinkwassererwärmern reduziert den Primärenergiebedarf, bringt den Nutzern jedoch Gesundheitsrisiken. Eine effektive, energiesparende Trinkwassererwärmung lässt sich auch anders realisieren.
Regenerative Energiesysteme, die entsprechend den sich aus der TrinkwV (Trinkwasser-Verordnung) hervorgehenden hygienischen Anforderungen erstellt und betrieben werden, sind ebenso eine Alternative wie bedarfsorientierte, dezentrale Trinkwassererwärmer.
Trinkwassererwärmer sind so auszuführen und zu betreiben, dass daraus für die Nutzer keine gesundheitlichen Risiken entstehen. Daraus ergibt sich ein kausaler energetischer Zusammenhang, weshalb ein Exkurs in die betreffenden Normen und Verordnungen unerlässlich ist.
Ausgangspunkt der hygienischen Anforderungen von Trinkwasserinstallationen ist das Infektionsschutzgesetz (§ 37). Die daraus resultierende hygienische Beschaffenheit des Trinkwassers ist in der TrinkwV verankert, deren technische Umsetzung unter anderem in der europäischen Normenreihe EN 806 und der Normenreihe DIN 1988 beschrieben ist, welche die allgemein anerkannten Regeln der Technik wiedergeben. Im Kontext des Themas sind zudem die DVGW Arbeitsblätter W 551 und W 553 sowie die VDI/DVGW-Richtlinie 6023 relevant. Die Einhaltung der Trinkwasserhygiene hat demnach einen gesetzlichen Hintergrund und bleibt nicht allein dem Betreiber einer Anlage überlassen.
Mit Bezug auf das Normenwerk der DIN 1988 werden im Folgenden für Trinkwasser kalt die Bezeichnung PWC (Potable Water Cold), für Trinkwasser warm PWH (Potable Water Hot) sowie für Trinkwasser warm Zirkulation PWH-C (Potable Water Hot-Circulation) verwendet. Das Kürzel TWE bezeichnet den Trinkwassererwärmer.
Als hygienischer Indikator wird in der Fachwelt in Bezug auf die PWH Legionella pneumophila herangezogen. Letzteres ist für die sogenannte Legionärskrankheit beziehungsweise das Pontiac-Fieber verantwortlich. Die stäbchenförmigen Krankheitserreger benötigen für ihr Wachstum Temperaturen zwischen 25 °C und 50 °C, wobei sie sich mit steigenden Temperaturen exponentiell vermehren. Ab einer Temperatur von 55 °C stoppt ihr Wachstum. Bei Temperaturen ≥ 60 °C beginnen die Keime abzusterben.
Grundsätzlich sind die Bakterien in vielen Wässern enthalten. Das Trinken von kontaminiertem Wasser gilt als gesundheitlich unbedenklich. Die Legionellen gelangen aber beim Einatmen von Wasserdampf in den menschlichen Körper. Insbesondere bei immungeschwächten, also kranken oder alten Menschen, können sie zur Legionärskrankheit führen.
Die Gefährdung durch Legionellen sowie die Voraussetzungen für deren optimales Wachstum zeigen, dass Speichertemperaturen ≤ 55 °C gesundheitsgefährdende Risiken bergen. Wie Trinkwasserinstallationen und die Trinkwassererwärmung geplant und ausgeführt werden müssen, beschreibt die DIN 1988-200. Sie fußt auf der EN 806-2 und vereint wesentliche Forderungen der DVGW Arbeitsblätter sowie der VDI/DVGW 6023. In diesem Zusammenhang wesentliche Punkte der in der DIN 1988-200 formulierten Anforderungen der Trinkwasserhygiene sind:
(3.7) „Durch fach- und bedarfsgerechte Planung, bestimmungsgemäßen Betrieb und regelmäßige Instandhaltung von Trinkwasser-Installationen müssen die Anforderungen der TrinkwV erfüllt werden. Im Trinkwasser dürfen keine Krankheitserreger oder chemische Stoffe enthalten sein, die eine Schädigung der menschlichen Gesundheit verursachen (§§ 5, 6 TrinkwV).“
(9.7.2.1.) „Damit eine massenhafte Vermehrung von Legionellen in der Trinkwasser-Installation verhindert wird, sind Trinkwassererwärmer mit geringem Speichervolumen und mit Speicheraustrittstemperaturen ≥ 60 °C zu bevorzugen. Ausnahmen von diesen Grundsätzen können bei Trinkwassererwärmern, die der Einzel- und Gruppenversorgung dienen und Durchfluss-Trinkwassererwärmern mit einem nachgeschaltetem Leitungsvolumen ≤ 3 l im Fließweg zugelassen werden.“
Eine weitere Forderung (3.6) ist die, dass nach spätestens 30 Sekunden an der Entnahmestelle Trinkwasser warm mit mindestens 55 °C verfügbar sein muss.
Bei der zentralen Versorgung mit PWH werden mehrere Wohnungen oder Entnahmestellen von einem zentralen TWE versorgt. In der Regel sind im PWH-Verteilsystemen die nachgeschalteten Leitungsvolumen ≥ 3 Liter. Die Austrittstemperatur am TWE (Speicher, Durchflusswassererwärmer oder Kombisysteme) muss ≥ 60 °C betragen. Beim Eintritt in den TWE muss die Temperatur der PWH-C eine maximale Spreizung von fünf Kelvin aufweisen, mindestens 55 °C. Dieses gilt für alle zirkulationsbetriebenen TWE-Anlagen, doch keine Regel ohne Ausnahme.
Für zentrale TWE mit hohem Wasseraustausch gilt: Ist sichergestellt, dass innerhalb von drei Tagen der gesamte Inhalt der TWE-Anlage ausgetauscht wird, dürfen niedrigere Temperaturen eingestellt werden. Hier lässt die Norm eine Betriebstemperatur ≥ 50 °C zu. Daraus ergibt sich, dass die Temperatur der PWH-C am Speichereintritt mindestens 50 °C betragen muss. Unter Berücksichtigung der Spreizung von fünf Kelvin muss am Speicheraustritt PWH mit 55 °C verfügbar sein. Da bei dieser Ausnahme das Gesundheitsrisiko steigt, schreibt die Norm explizit vor, dass der Betreiber über das Risiko der Legionellenvermehrung informiert werden muss.
Ein erhöhtes Legionellenrisiko kann im selbst genutzten Wohnraum als Kompromiss toleriert werden. Das ist Sache des Eigentümers, sofern er darüber in Kenntnis gesetzt wurde. Im vermieteten Objekt gilt der Eigentümer als Unternehmer. Hier kann die erhöhte Gesundheitsgefahr der Nutzer für den Eigentümer zu Haftungsrisiken führen [Urteil des Landgerichts Dortmund (1.9.2010 – 4 O 167/09)].
Dezentrale TWE dienen der Einzelversorgung. Hier sehen die Experten des Normenausschusses geringe Gefahren, deshalb können diese TWE ohne weitere Anforderungen betrieben werden. Auf ihre Funktion betrachtet, haben diese TWE nur geringe Speichervolumen und sehr kurze Leitungswege zur Entnahmestelle, beispielsweise Untertischspeicher in der Küche.
Anders verhält es sich, wenn dezentrale Speicher-TWE mehrere Entnahmestellen versorgen. Sie werden als Gruppenversorgung bezeichnet und befinden sich in der Regel in der Wohnung bzw. im Badezimmer. Sie werden ohne Zirkulation betrieben. Am Austritt des TWE muss die Temperatur ≥ 50 °C betragen. Dezentrale Durchfluss-TWE (Gas- oder Elektro-Durchlauferhitzer) können ebenfalls ohne Anforderungen betrieben werden, wenn das nachwgeschaltete Leitungsvolumen ≤ drei Liter beträgt. Dies gilt auch für Durchfluss-TWE mit einem Wärmeübertrager als hydraulische Trennung, im Marketingjargon meist als Frischwasserstation bezeichnet.
Die zuvor genannten hygienisch bedingten Parameter sind normativ verankert und müssen eingehalten werden. Unter energetischen Gesichtspunkten scheint der Energieeinsatz für die zur Einhaltung der DIN-Anforderungen erforderlichen Temperaturen die Ziele der EnEV zu untergraben. Bei konventionell mit fossilen Energieträgern gespeisten Systemen trifft dies durchaus zu. Doch es gibt Alternativen.
Zunächst muss bei der energetischen Betrachtung der Warmwasserbedarf ermittelt werden: Wo und mit welchen Volumen wird warmes Trinkwasser benötigt? Je mehr Entnahmestellen dezentral versorgt werden können, desto kleiner wird das Speichervolumen im zentralen TWE. Ebenso reduzieren sich im Sinne der DIN 1988-200 die nachgeschalteten Leitungsvolumen. Beispiele: In modernen Küchen stehen zumeist Geschirrspüler. Der Warmwasserbedarf an der Spüle ist entsprechend gering, so dass hier ein Untertischspeicher sinnvoll sein kann. Ebenso verhält es sich im Gäste-WC. Ist dies räumlich weit entfernt von den Steigleitungen und soll am Handwaschbecken warmes Wasser verfügbar sein, bietet sich auch hier der Einsatz eines solchen Untertischspeichers an.
Grundsätzlich ist es unter energetischen und gesundheitlichen Aspekten fragwürdig, ob warmes Trinkwasser in großen Volumina bevorratet werden muss. Konfliktpotential bringen auch Systeme, die planmäßig ein geringes Temperaturniveau haben (Wärmepumpen, Brennwertkessel). Auch bivalente Systeme mit einer Vorwärmstufe, welche das Speichervolumen erhöhen, sind kritisch einzustufen, respektive nicht mehr zeitgemäß. Auf dem neuesten Stand sind hingegen beispielsweise Systeme mit einem Pufferspeicher im Heizkreis, bei denen die Trinkwassererwärmung im Durchflussprinzip und somit bedarfsorientiert erfolgt. Energetisch betrachtet, lassen sich die unterschiedlichsten Energieträger zur Beladung des Pufferspeichers nutzen. Das können etwa eine Solarthermieanlage sein, holzbefeuerte Kaminöfen oder Holzzentralheizkessel. Die PWH-Zapfung im Durchlaufprinzip muss nicht zwingend direkt am Speicher erfolgen. Ist die Haustechnikzentrale weit entfernt vom Steigstrang, kann der Durchfluss-TWE dezentral positioniert werden. Hierzu sollte lediglich die zuführende Heizleitung entsprechend dimensioniert und gedämmt werden. Selbst in großen Objekten ist dieses Prinzip anwendbar, wenn zum Beispiel regenerativ erzeugte Fernwärme oder Abwärme aus einem stromgesteuerten BHKW verfügbar ist.
Energiesparen auf Kosten der Gesundheit ist der falsche Weg – das gilt sowohl für den Planer und den ausführenden Installationsbetrieb als auch für den Betreiber. Wer bei der Warmwasserbereitung Energie sparen will, kommt nicht ohne den Einsatz regenerativer Energien aus. Im Zweifelsfall ist es allemal besser, die Speichervolumen im TWE gering zu halten. Werden dennoch konventionelle TWE-Systeme eingesetzt, beispielsweise im Objektbau, müssen die beschriebenen Trinkwasser-Betriebstemperaturen sichergestellt werden. Die optimale Lösung wird immer eine objektbezogene Kombilösung sein, bei der jedoch der gesundheitliche Aspekt Vorrang vor dem Energie sparen haben muss.
Bakterium:
Man unterscheidet heute mehr als 35 verschiedene Arten dieser Bakteriengattung mit 50 Untergruppen, von denen einige als gesundheitsgefährdend eingestuft werden.
Krankheitsverlauf:
Als lungengängiges Aerosol (≤ 5 µm) eingeatmet, können sie zu Pontiac-Fieber (Grippe-ähnliche Symptome, die nach einigen Tagen wieder abklingen) oder der Legionärskrankheit führen. Sie ist eine schwere bakterielle Lungenentzündung, die etwa in 15 bis 20 Prozent der bekannten Fälle zum Tod führt.
Namensgebung:
Die Bezeichnung Legionärskrankheit geht auf ein Veteranentreffen in Philadelphia zurück, wo sich 1976 rund 4.500 Legionäre einfanden. Mehrere Hundert von ihnen infizierten sich, wobei 221 Teilnehmer eine schwere Lungenentzündung erlitten. 34 von ihnen starben.
Mittwoch, 24.06.2015