Asbeststaub im Bestand ist häufigste Todesursache. Effektiver Schutz ist möglich und nötig
Auf der Baustelle: weniger Unfälle – mehr Krankheiten
Asbeststaub im Bestand ist häufigste Todesursache. Effektiver Schutz ist möglich und nötig
Weißer Hautkrebs, Schwerhörigkeit und Lungenkrebs – das sind die häufigsten Berufskrankheiten der Beschäftigten in der Bauwirtschaft. Im vergangenen Jahr stiegen die Anzeigen auf Verdacht einer Berufskrankheit um über zehn Prozent: von 16.492 (2021) auf 18.228 (2022). Hingegen sank die Zahl der Arbeitsunfälle um rund vier Prozent, wie die Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG BAU) berichtet. Letzteres sieht Dirk Müller, alternierender Vorsitzender des Vorstands der BG BAU, grundsätzlich positiv: „2022 ist das erste Jahr, in dem wir in der Bauwirtschaft weniger als 100.000 meldepflichtige Arbeitsunfälle haben. Das ist eine gute Nachricht.“ Zugleich mahnt Müller: „Das ist trotzdem kein Grund, dass wir uns zurücklehnen. Ganz im Gegenteil: Es bleibt viel zu tun, um den Arbeitsschutz weiter voranzubringen und noch wirksamer zu machen.“
Sorge bereite die Zunahme der Berufskrankheiten, so die BG BAU. Insbesondere die Lärmschwerhörigkeit, die wieder auf Platz eins landet. Darauf soll sich die Prävention stärker fokussieren, sagt Mathias Neuser, amtierender Vorsitzender des Vorstandes der BG BAU. Das sind die am häufigsten gemeldeten Berufskrankheiten:
Lärmschwerhörigkeit (4.010 Fälle),
Hautkrebs durch Sonneneinstrahlung (2.675 Fälle),
Erkrankungen der Lendenwirbelsäule ( 1.666 Fälle) und
Lungenkrebs durch Asbest (1.291 Fälle).
Besonders brisant: Asbest ist krankheitsbedingt die häufigste Todesursache. Allein in 2022 verstarben 320 Baubeschäftigte an einer durch Asbest bedingten Berufskrankheit. Dazu gehören neben Lungenkrebs auch Kehlkopfkrebs, Eierstockkrebs und Asbestose. In den vergangenen zehn Jahren sind laut BG BAU 3.376 Versicherte durch Asbeststaub verstorben – einer pro Tag …
Obwohl Asbest seit 30 Jahren verboten ist, enthalten noch viele Gebäude den gefährlichen Werkstoff. „Solange der Stoff verbaut ist, besteht in der Regel keine Gefahr“, erklärt die BG BAU - und warnt: „Doch bei Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten können Asbeststäube beispielsweise aus Fliesenklebern, Spachtelmassen, Putzen oder Estrich freigesetzt und eingeatmet werden. Mit schwerwiegenden Folgen: Asbestfasern können Krankheiten wie Asbestose, Lungenkrebs oder Mesothelium verursachen, die in der Regel tödlich enden.“
Für Norbert Kluger, Leiter der Abteilung Stoffliche Gefährdungen der BG BAU, ist Asbest ein nach wie vor hochaktuelles Problem: „Wir müssen bei Bestandsbauten immer davon ausgehen, dass Asbest enthalten sein kann. Daher ist bei Arbeiten im Bestand vorab eine genaue Recherche und möglicherweise eine Materialanalyse unerlässlich. Danach müssen entsprechende Schutzmaßnahmen ergriffen werden.“ Denn: Effektiver Schutz vor der tödlichen Faser ist möglich, betont die BG BAU. Entstehende Stäube müssten abgesaugt und gefiltert werden. Bei Gefährdungen seien Atemschutzmasken und staubdichte Schutzanzüge unbedingt erforderlich. Zudem seien betroffene Bereiche abzuschotten, damit Asbest nicht verschleppt werden kann.
Montag, 26.06.2023